Ich wollte einen Staubsaugerroboter. Meine Wohnung ist zu groß, ich betrachte Putzen nicht als Hobby und der Boden ist ideal für einen Staubsaugerroboter geeignet. Blieben die Sicherheits- und Datenschutzbedenken. Aber muss man die wirklich haben? Eine kleine Abwägungsgeschichte.
Dies ist ein Artikel aus der Reihe „Kleine Beispiele für Datenschutz-Abwägungen im Alltag“. Ich beschreibe solche persönlichen Beispiele, da ich es unerträglich finde, wie sich vor allem im Datenschutz-Bereich viele als Lichtgestalten inszenieren und alle Kompromisse, die wir alle in unserem Alltag eingehen müssen, verschweigen und so ein selektives Bild von sich selbst nach außen tragen. Bis sie dann auf einer Konferenz mit einem MacBook auftauchen, sich in einem Artikel als eifrige Nutzer des DB Navigator verplappern, der Twitter-Account doch nicht dem Klon gehört und WhatsApp eben doch nicht nur die Ehefrau nutzt. Schutz der digitalen Privatsphäre ist eine stete Abwägung und pendelt zwischen Komfort und Verzicht. Das ist völlig normal, keine Niederlage und macht den Schutz der eigenen Privatsphäre im digitalen Raum trotzdem nicht überflüssig.
Marktumfeld
Staubsaugerroboter sind wie viele andere Geräte heute vollgestopft mit Sensoren. Vorbei die Zeiten, in denen der Sauger nach dem Boink-Boink-Prinzip im Chaos durch die Wohnung fuhr, bis er irgendwo gegen stieß. Das ist natürlich keine blinde Datensammlung, denn die Sensoren ermöglichen es, effektiv und zielgerichtet den Einsatzzweck zu erfüllen. Sensoren bedeuten aber auch anfallende Daten und diese Daten wecken Begehrlichkeiten. Doch tangieren diese Daten wirklich meine Privatsphäre?
Die Daten sind natürlich interessant. Wie groß wohnen die Deutschen, wie viele Möbel haben sie, wie groß sind Küche, Schlafzimmer, Arbeitszimmer und Wohnbereich. Was für Vorlieben haben sie bei Möbeln. Aggregierte Daten dürften nicht nur bei Einrichtungshäusern auf Interesse stoßen. Etwas extremer gedacht wird es interessant, wenn man ein umfangreiches Smart Home Portfolio zusammen gestellt hat und die Daten zusammen fließen. Die meisten Hersteller sind hier ja in unterschiedlichen Bereichen tätig. Das aber ist ein Thema für sich.
Recherchiert man zu dem Thema Staubsaugerroboter und Datenschutz, kommt man am Bericht des Portals AV-Test nicht vorbei. Alle anderen Artikel beziehen sich irgendwie darauf. Kurze Zusammenfassung: Es gibt keine gute Lösung. Kunden müssen sich entscheiden, welche Kompromisse sie beim Datenschutz machen möchten oder verzichten.
Alle Hersteller koppeln das Gerät zur Steuerung mit einer App. Das ist so weit logisch, da viele Funktionen, wie die Raumtrennung, Festlegung von Zonen und Reinigungsaufträge sich so am komfortabelsten umsetzen lassen. Leider beschränkt quasi kein Hersteller den Austausch auf das heimische WLAN und eine Account-Koppelung ist obligatorisch. Die Unterschiede sind dann auch teilweise gradueller Natur bzw. bestehen vor allem auf dem Papier der Datenschutzerklärung. Denn rein europäisch agiert kein einziges Unternehmen. Auch die vermeintlichen Darlings wie Vorwerks Kobold übermitteln z. B. Daten in die USA. Dyson sitzt sogar offiziell in Singapur. Bei der Bewertung von AV-Test spielt die anonyme Datenerhebung eine größere Rolle. Meiner Erfahrung nach ist die Zusicherung von Anonymität das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist, weil wirkliche Anonymisierung unfassbar schwer ist. Wer solchen Versprechen jedoch traut dürfte Vorteile bei Vorwerk und Dyson sehen
Anders als beim Datenschutz gibt es Unterschiede im Bereich der Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen bei der Datenübertragung. Hier haben zum Zeitpunkt des Testes einige Hersteller gepatzt. Vor allem Roborock (eine Xiaomi Ausgründung) hat besonders schlecht abgeschnitten. Das sind natürlich immer nur Momentaufnahmen und das kann mit Updates und neuen Standards variieren.
Privatsphärenschutz notwendig?
Ein bisschen Kontrolle kann man bei den verbauten Sensoren haben. Alle Geräte versuchen mit Sensoren eine Karte der Wohnung zu erstellen. Manche Geräte haben heute Kameras und Mikrofone. Das ist aber keine Pflicht und kann deshalb noch vermieden werden. Dazu würde ich auch dringend raten, da man sonst letztlich eine von außen zugreifbare, fahrbare Kamera in der Wohnung hat.
Bleibt die Karten-Funktion als Produkt der übrigen Sensorabtastung durch den Roboter. Ohne geht es nicht, da es ein wichtiger Teil der Funktionalität hat. Hier gibt es immer wieder Datenschutzbedenken. Das ist für mich ein Bereich, an dem sich übertriebene Sorge um die eigenen Daten gut festmachen lässt. Zu viele reagieren da in Deutschland zu vorschnell mit einem „Ja, natürlich ist das privat“.
Ich nehme da mal mich als Beispiel. Ich wohne in einem Altbau zur Miete. Die Wohnung wird seit einem Jahrhundert vermietet. Der Grundriss war schon einige Male auf Plattformen Immoscout – Wohnungssuche ist ja sowieso ein Datenschutzproblem – und zig Handwerker haben den in ihren Unterlagen. Wie viele davon moderne IT-Systeme mit schlechter Absicherung nutzen – wer weiß das schon. Die Kommune hat das auch für Brandschutz etc. pp. mal abgezeichnet, vermutlich liegt da also auch was. Die Wohnung hat eine logische Aufteilung, die schon vor vielen Jahrzehnten handschriftlich im Grundriss vermerkt wurde. Mein Schlafzimmer ist also im Schlafzimmer, das Wohnzimmer im Wohnzimmer, das Arbeitszimmer im Arbeitszimmer und – wen wunderts – die Küche in der Küche. In der Wohnung stehen Möbel, die Deutsche halt so in ihrer Wohnung stehen haben. Eine Sammlung aus Erbstücken, IKEA, hochwertigeren Möbelhäusern und Schrott.
Also selbst wenn die Sensoren des Staubsaugerroboters wirklich richtig gut funktionieren, was erfahren sie wirklich Neues, was nicht schon zuvor über Datenhändler zu erfahren war?
Damit soll das Problem der Datensammlung nicht negiert werden, aber manchmal lohnt es sich kritisch zu hinterfragen, welche Daten anfallen und ob diese wirklich ein so großes Problem darstellen, wie es vielleicht anfänglich scheint.
Zusammengefasst
Moderne Technik ist oft ein Kompromiss aus Komfort und Datenschutz. Jeder muss hier selber abwägen, was akzeptabel ist. Konsequente Datensparsamkeit bedeutet immer Verzicht. Ich wollte nicht verzichten und bin bei einer persönlichen Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass ich die Implikationen für meine Privatsphäre tragen kann.
Welche Marke man wählt, ist dann eher persönliche Präferenz. Möchte man die Daten lieber in die USA oder nach China senden. Ist einem eine Trennung von Google wichtig und andere Faktoren spielen da eine Rolle. Rational begründbare Unterschiede gibt es kaum.
Danke für den Beitrag. Wie du schon geschrieben hast, muss jeder für sich abwägen, was einem wichtig ist. Ich möchte aber mal Valetudo (https://github.com/Hypfer/Valetudo) in den Raum werfen. Damit kann man zumindest diverse Geräte von Roborock und Dreame etwas zügeln.
Das sieht spannend aus und könnte die Roborock-Bewertung ändern. Die Xiaomi-Marktanteile sind da echt hilfreich. Ich habe ja z. B. auch eine Mi Fit, die mit GadgetBridge sehr Datenschutz-freundlich ist.
Ich kann Valetudo nur empfehlen. Läuft bei mir seit 2 Jahren auf einem Roborock S5. Nach etwas Einarbeitung ist die Installation schnell gemacht. Ist jetzt auch direkt OTA updatebar. Internetzugriff ist normalerweise über die FRITZ!Box geblockt. Mehrere Stockwerke kann man aber nicht verwalten. Wenn der Sauger keine ausgefeilten Wischfunktionen braucht, ist man mit einem gut gebrauchten S5 auch viel günstiger als mit Neugeräten von 500 Euro und mehr.
Alternativ, man vergisst es vor lauter Apps und Werbung oft, kann man viele Sauger auch ohne Internet und App benutzen. Einfach auf Start drücken. Dann fallen natürlich diverse Steuerungsfunktionen weg, Fernzugriff oder Benachrichtigungen. Funktioniert in einfachen Umgebungen aber auch gut.
Stimmt, aber dann fallen eben Sperrflächen und selektive Zimmerreinigung weg und das ist ja eigentlich der Witz bei solchen Geräten. Ich will ja nicht immer den Sauger stundenlang die ganze Wohnung saugen lassen.
Ich setzte den Sauger immer gezielt ein und lasse ihn gar nicht die ganze Zeit angeschaltet. Die ganzen Standby Geräte mag ich nicht so. Während er saugt, putze ich andere Teile der Wohnung. Quasi Arbeitsteilung.
Ich kenne Leute, die wollen nicht selbst saugen, aber auch nicht die „smarten“ Funktionen, da nicht so Technik begeistert. Der läuft komplett offline und hat mir das Internet gesehen.
Einfach in einen beliebigen Raum stellen und starten. Wenn der Sauger ein Zimmer oder Bereich nicht verlassen oder betreten soll, dann einfach Tür zu.
Ich werfe meinen Hut mit in den „valetudo Ring“, bei mir tut seit einiger Zeit ein dreame L10pro, gerootet mit valetudo zuverlässig seinen Dienst. Kann ich nur empfehlen!
Die Einbindung in home assistant ist auch einfach möglich, falls das von Interesse ist. Ermöglicht so regelmäßiges Saugen bestimmter Räume, oder wenn keiner mehr Zuhause ist, z.b.
Unser iRobot Roomba i3 (noch vor der Übernahme von Amazon gekauft) saugt auch ohne App und Internetanbindung und auch ohne Kamera sehr gut. Einfach hinstellen, Knopf drücken und los. Fährt die ganze Wohnung aus, zum Schluss wieder zur Station zurück. Es geht auch ohne Datensammeln. Befürchte nur, dass solche Geräte bald nicht mehr zu bekommen sind…
Das sind vielleicht Luxusprobleme! Um einen Saugroboter einzusetzen, brauche ich doch keine WLAN- oder Mobilbetz-Verbindung. Das sind selbst gemachte Probleme.
Daten, die nicht geschaffen werden, brauchen nicht geschützt werden. 😉
Ich bin mir nicht sicher, ob das jedem klar ist, der an einem smart home bastelt.
Die Lösung wäre dann aber nur radikaler Verzicht. Das ist möglicherweise konsequent aber mit Sicherheit nicht anschlussfähig und wird dann nur die Lösung für eine kleine Minderheit sein.
Wenn es mehr so „radikalen“ Verzicht gäbe, gekoppelt mit einer Nachfrage nach Geräten, die im eigenen WLAN ohne externes Konto gesteuert werden können, würden solche Geräte auch auf den Markt kommen.