Die aktuelle Aufregung um den Rauswurf von 12 russischen Kernelentwicklern durch Linus Tovalds und Greg Kroah-Hartman verweist mal wieder auf die Illusionen der Open-Source-Community über ihren weltweiten Spirit. Open Source agiert nicht im luftleeren Raum, sondern ist in staatliche Strukturen eingebettet.
Die meisten Open-Source-Entwicklergemeinschaften sind organisiert. Das deutsche Vereinsrecht ist bei einigen sehr beliebt. Andere Foundations haben ihren Sitz in den USA oder in anderen Ländern. Sie sind an das jeweilige Recht und Gesetz gebunden. Ich hatte das am Beispiel der Fedora Lizenzbedingungen schon ein paar mal thematisiert, die klar auf die US-Exportbedingungen verweisen (wenn auch nur sehr versteckt beim Download verlinkt)
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Fedora Export Control Policy
Diese Regeln gelten so oder so ähnlich eben für alle in den USA registrierten Firmen und Entwicklergemeinschaften und eben auch für die Linux Foundation.
Wenn russische Entwickler persönlich oder deren Arbeitgeber auf der SDN-Liste des Office of Foreign Asset Control stehen, das damit Verstöße gegen US-Sanktionen ahndet, dann fliegen diese Entwickler eben aus der Entwicklung. Das ist nachvollziehbar und total unspektakulär. Sie können dann ja in Russland einen Fork betreiben und der russischen Kriegsindustrie direkt oder indirekt zuarbeiten. Open-Source entzieht sich ja einer direkten Kontrolle und wird auch nicht unbrauchbar, nur weil Entwickler daran nicht mehr mitarbeiten dürfen. Ihre Arbeit fließt nur nicht mehr unmittelbar nach Upstream.
Dass diese Entscheidung gerade in Deutschland diskutiert wird, ist wenig überraschend. Schließlich ist der chronische Antiamerikanismus hier weit verbreitet und der Weg zur Relativierung des russischen Angriffskrieges nicht besonders weit. Die politischen Positionen an den Rändern des Systems bei z.B. AfD, Linke und BSW und deren jüngste Wahlergebnisse haben das mal wieder mehr als deutlich gemacht. Das gleiche Phänomen kann man seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine in einigen Ecken der Privacy- wie auch der Open-Source-Community beobachten. Man betrachte hier nur die moderierten Kommentare unter einer den zwei Meldungen bei Linuxnews (Meldung 1, Meldung 2). Denn auch die Anwender-Community bewegt sich nicht im luftleeren Raum.
Open Source ist eben nicht staatenlos. Weder die Entwickler, noch die Nutzer. Daran ändert auch die Mär von der weltweiten Community nichts, in der angeblich alle Angehörigen aller Nationalitäten gleichberechtigt mitmachen können. Open-Source-Communitys können auch nicht so tun, als ob sie die Welt nichts angehen würde. Die Entscheidung der Linux Foundation war mehr als überfällig.