Literaturverwaltungsprogramme gibt es viele. Freie BibTex Frontends, Papers, Endnote und viele mehr. In Deutschland ist der Markt allerdings stark zwischen Citavi und Zotero aufgeteilt. Die meisten Nutzer verwenden eines der beiden Programme. In Baden-Württemberg ist nun (nicht ganz freiwillig) eine wegweisende Entscheidung gefallen.
Citavi ist die eierlegende Wollmilchsau und war von Anfang an der Grund, warum ich mich viel mit Wine und virtuellen Maschinen beschäftigt habe. Ohne Citavi konnte und wollte ich nicht. 2021 wurde die Schweizer Entwicklungsfirma hinter Citavi aufgekauft. Literaturverwaltung ist längst nicht mehr die persönliche Angelegenheit des einzelnen Wissenschaftlers, sondern Teil des Forschungszyklus, dessen Werkzeuge Datenhändler, internationale (Bibliotheks-)Dienstleister und Verlage (die Grenzen sind fließend) unter ihre Kontrolle bringen wollen.
Ich bin dann auf Zotero umgestiegen. Das war kein Zuckerschlecken und bis heute muss ich im Literaturverzeichnis Daten bereinigen, weil der Export und Import eben nicht reibungslos funktioniert. Dieser Schritt steht vielen Studierenden und Hochschulangehörigen in Südwestdeutschland bevor.
Citavi verdankt seine Popularität in Deutschland vor allem den Campuslizenzen. Für Hochschulangehörige in Deutschland war die Nutzung fast immer kostenlos, bezahlt haben die Hochschulen oder Bibliotheken. Das war schon lange grenzwertig, da Citavi als Programm nur unter Windows lief und Nutzende von macOS und Linux außen vor blieben. Gerade an deutschen Universitäten ist die Mac-Dichte nicht zu unterschätzen. Citavi hat daher vor einiger Zeit Citavi Web auf den Markt gebracht, das als WebApp läuft und langfristig das native C#-Programm ablösen soll.
Die Vertragsverhandlungen über eine Landeslizenz für Baden-Württemberg für dieses Citavi Web sind krachend gescheitert (eine relativ ehrliche Aussage beim KIM Konstanz). Grund waren wohl die exorbitanten Preisvorstellungen der neuen Firma hinter Citavi. Seit dem 30.4.2023 haben Hochschulangehörige in Baden-Württemberg keinen Zugang mehr zu Citavi Web (es sei denn, sie zahlen selbst).
Die Lizenz für die Desktop-Version läuft noch bis Ende März 2024, die Bibliotheken bereiten sich bereits auf das Ende vor. Einführungskurse für Zotero werden inzwischen von den meisten Einrichtungen angeboten. Einige (leider nicht alle) Bibliotheken haben die Kurse für Citavi aus dem Programm genommen. Neueinsteiger werden so bereits behutsam in eine zukunftssichere Richtung geführt. Die Migrationshilfe für tausende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dürfte ein nicht zu unterschätzender Kraftakt werden.
Wenn nun andere Bundesländer dem Beispiel folgen, ist das eine wichtige Stärkung von Open-Source-Software im Wissenschaftskreislauf, und bei Citavi dürften sie bald das Licht ausmachen können. Ohne die Masse der deutschen Hochschulangehörigen wird es nicht mehr viele Nutzerinnen und Nutzer geben.
Genial!
Denn ich wunderte mich schon immer, warum Literaturverwaltung unter Linux nicht besser aufgestellt ist. Wenn es mehr „Linux fürs Studium“ mit Literaturverwaltung, Luteratursuche (in irgend einer Form), Hilfen zum Schreiben großer Arbeiten und Kommunizieren geben würde, wäre das ein Argument für die Linuxnutzung. Ich fand es auch eher schwer mit der Literaturverwaltung.
Weil Linux auf dem Desktop nun mal kaum einer nutzt. Die Marktanteile sind AFAIK Linux < %5; MacOS ~25% und der Rest Windows. Wie im Artikel schon gesagt wird ist die MacOS Nutzung bei jungen Leuten (=Studenten) eher höher und ich würde da auch noch die Behauptung dran hängen, dass auch die Linuxnutzung da höher ist.
Die Nutzung eines OS zu erzwingen – sofern es nicht technisch zwingend notwendig ist – liegt IMHO zwischen gefährlich bis falsch. Die Gefahr ist groß, eine Abwehrhaltung zu erzeugen, was im gegebenen Fall darin endet, vielleicht keine Literaturverwaltung zu nutzen. Hinzu kommt noch, dass der Linuxdesktop stark zersplittert ist. Es gibt fünf Mainstream Distros, wobei eine davon (Ubuntu) auch noch X Derivate, Ableger und darauf aufbauende Distros hat.
Frage: wird Baden Würtemberg in Zotero investieren oder nehmen sie es dankbar kostenlos?
Ich denke, das Land hätte hier eine Chance für wenig Geld sogar Einfluss in die Entwicklung zu nehmen. Dies würde dann ja auch allgemein der Anwendung zugutekommen.
Altes Open-Source-Problem: Wie soll das Land das denn tun? Spenden sind für die öffentliche Hand quasi unmöglich. Einige Mitarbeiter von Universitätsbibliotheken in Baden-Württemberg tragen aktiv zur Entwicklung bei – das haben sie aber vorher auch schon. Zusätzliche Entwicklerkapazitäten kann man schwer bereitstellen, da Personalmittel aus anderen Töpfen stammen als die Mittel für die Lizenzierung von Citavi.
Ich erinnere mich noch wie mein Institut EndNote forciert hat und das auch geschult wurde. Gab da ein wenig Vendor Lockin wegen Dateiformatekompatibilität, da man zum Schluss der Abschlussarbeit all seine Literatur übergeben musste. Ich habe damals einfach ein portables Zotero inklusive der Daten auf einen USB-Stick getan. Das kam gut an.
https://www.zotero.org/storage/institutions#institution
Gibt es eine deutsche Universität, die das nutzt?