Ungefähr einmal im Jahr sind die Lizenzkosten von Microsoft in gewissen Kreisen ein Thema. Über 200 Millionen zahlt der Bund mittlerweile für seine IT. Wow! Klickzahlen-Garant! Leider auch immer wieder ein Ereignis, bei dem die Community tief blicken lässt.
Es gab eine Zeit, da wollte man überzeugen. Man wollte gleichwertige Produkte präsentieren, Alternativen aufzeigen, bessere Wege gehen. Davon ist man längst abgekommen. Denn das würde eine argumentative Anerkennung der Realität bedeuten, zu der sich viele in der Linux-Gemeinde offenbar nicht mehr durchringen können. Stattdessen bringt man andauernd das Geld-Argument. Mal populistisch, mal in Form von „Public Money, public Code“.
Das ist in gewisser Weise logisch. Denn ohne eine gemeinsame Faktenbasis ist eine Diskussion nur schwer möglich. Liebevoll gepflegte und durch ständige Wiederholung tief verankerte Narrative in der Open-Source-Community haben längst einen Fundus an alternativen Wahrheiten entstehen lassen. Gespickt mit den üblichen Methoden des Populismus und Verschwörungsglaubens, die auch sonst in vielen gesellschaftlichen Bereichen anschlussfähig sind. Manche werden das jetzt wieder übertrieben finden, aber ich glaube, es sind die gleichen Muster.
In bester AfD-Manier wird davon geschwafelt, dass die Regierung den Willen des Vokes missachtet – wir sind das Volk, natürlich bei auch bei ~5% Marktanteil für Linux. Es hätte doch alles anders kommen können, wenn LiMux nicht durch fiese Sabotage zerstört worden wäre. Es gibt gar keine objektiven Gründe, die für Microsoft-Produkte sprechen könnten, Open Source ist bereits perfekt und deshalb können nur dunkle Mächte den Siegeszug verhindern. Diese dummen Bürokraten schieben doch sowieso nur Word-Fenster durch die Gegend. Billiger wäre Open-Source in jedem Fall auch. Ist ja alles kostenlos. Natürlich kann die Bundes-IT mit Schwäbisch Hall vergleichen werden. Und Schleswig-Holstein erst. Dataport! Der Einsatz von Microsoft ist übrigens illegal. Schon gewusst. Sagt sogar… wer eigentlich?
Es ist schon beeindruckend, wie manche Journalisten und Kommentatoren Jahr für Jahr die gleichen Inhalte schreiben. Frei nach dem Motto: Verschone mich mit Fakten, ich habe mir meine Meinung schon gebildet.
Die Untiefen des Vergaberechts, Besoldungstabellen, Anforderungen, föderale Zuständigkeiten, Bundes- und Landesbehörden, Dienstleistungsverträge und Zertifizierungen – um nur einige Schlagworte zu nennen – sind scheinbar zu viel Inhalt. Da schreibt man lieber jedes Jahr den gleichen Text.
Die Meldung über 209 Millionen Lizenzkosten für Microsoft-Produkte ist kein Offenbarungseid für den Bund, die Meldungen und Kommentare darunter sind ein Offenbarungseid für die diskursive Anschlussfähigkeit von Teilen der Open-Source-Community.
Im Grunde genommen hat sich nichts geändert. Wer sich für das Thema interessiert, dem seien die drei folgenden Artikel empfohlen, in denen ich mich damit etwas ausführlicher beschäftigt habe:
Wäre vielleicht gut, wenn du ein bisschen mehr darüber schreiben würdest worum es überhaupt geht, was du an welcher Stelle im Internet gelesen hast, was du daran schlecht fandest und was deine Argumente für deine Meinung, die hier leider auch nicht klar wird, sind.
Die türkis hinterlegten Textstellen sind Links.
Ach so. Die Kritik bleibt dadurch zu 100% unverändert.
Mir ist nicht ganz klar worauf du hinaus willst, dass Microsoft die bessere Softwareschmiede ist, besser lobbyiert und überhaupt mehr Geld verdient? Als Open Source Befürworter frag ich mich eher, wie FLOSS und die dafür notwendigen Ökosysteme gestärkt werden können. Der Aufhänger für einen guten Beitrag, also da wo deiner aufhört, könnte auch sein: „Was müsste sich ändern? Und was kann ich dazu beitragen?“
Es müsste sich zunächst ändern, dass die Community die Realität anerkennt und nicht immer hinter allem dunkle Mächte am Werk sieht. Dieser Artikel hier soll nur darauf aufmerksam machen, dass hier repetitiv derselbe Quark wiederholt wird. Darauf aufbauend könnte man dann konstruktiv über Probleme und Perspektiven sprechen.
Ein paar Realitäten habe ich hier vor einiger Zeit mal zusammen geschrieben: https://curius.de/2021/03/der-staat-und-open-source-software/ (ist auch oben verlinkt)
Konstruktiv wäre es, wenn man ernstliche Anstrengungen unternehmen würde, etwas an der Abhängigkeit proprietärer Software-Ökosysteme zu ändern. Das ist unbeliebt weil teuer. Die Open-Source-Gemeinschaft dafür verantwortlich zu machen, dass sie mit einem Bruchteil der finanziellen Ausstattung nicht ein konkurrenzfähiges Produkt hinstellt, ist jedenfalls nicht konstruktiv.
Es wäre schlauer, offene Standards zu fordern, damit alternative Lösungen entwickelt werden können. Damit kommt man auch aus der ideologisch aufgeladenen Debatte FLOSS oder Microsoft raus.
Gegen offene Standards zu argumentieren ist schwer.
Was ich mal wirklich interessant finden würde wäre ein hypothetischer Kostenvergleich, wie viel Geld es kosten würde, wenn man nur alle Windows Desktopinstallationen des Bundes durch Ubuntu oder Red Hat oder Suse mit einem vergleichbaren Supportvertrag zu dem mit MS ausstatten würde.
Weil ohne Support- / Wartungsvertrag geht es halt nun mal auf den Ebenen nicht mehr. Es sei denn, man stellt massiv Leute ein und macht Support / Wartung über eigenes Personal – was natürlich die Personalkosten massiv erhöht.
Ich glaube, dass in dem Kontext sehr gerne „vergessen“ wird, dass man die Softwareinstallationen in einer Behörde oder größeren Firma halt i.d.R. nicht ohne Supportvertrag machen kann, wie man das vielleicht zu Hause mit vier Rechner oder einem kleinen KMU mit < 10 Leute machen könnte / kann. Und selber bei kleinem KMU gibt es gerne zumindest die Buchhaltungssoftware, die DATEV-Schnittstelle o.ä. einen Supportvertrag.
Mal abgesehen davon finde ich ~200 Mio Euro Lizenzkosten im Kontext des Bundes eher wenig. Da wird wesentlich mehr Geld an anderen Stellen deutlich sinnloser / uneffektiver ausgegeben.
„Die Meldung über 209 Millionen Lizenzkosten für Microsoft-Produkte ist kein Offenbarungseid für den Bund“
Oh doch, wenn man es nicht schwarz-weiß zwischen Microsoft und Open Source Software betrachtet sondern im Verhältnis zu den rund 550 Mio. „restlichen“ Lizenzkosten. Diese Lizenzkosten sind die, die die eigentlichen Anwendungen, die genutzt werden, beinhalten – von Datenbanken über Virtualisierungslösungen bis hin zur Spezialsoftware. Im Gegensatz zu Microsoft wird dort eher auf die Kundenwünsche eingegangen. Denn – so die eigene Erfahrung – ist das, was man für die 209 Mio EUR bei Microsoft bekommt, kaum im Verhältnis zu sehen, was bei VMware, Oracle und den vielen kleineren Herstellern zu bekommen ist – Beratung, Fehlerbehebung, Unterstützung u.v.m.
Bei Microsoft bekommt man dafür weitere Verkaufsgespräche, eine schon anmaßende Belehrung, was alles falsch gemacht wird und keinerlei Berücksichtigung der eigenen Situation.
209 Mio EUR für Microsoft – trotzdem darf das BSI ~10 Mio EUR für die Untersuchung der Software ausgeben? Trotzdem wird das nationale Recht nicht geachtet? Trotzdem werden weiter Daten – schon durch die aufwändige Lizenzprüfung – von den Behörden erhoben? Schon diese weiteren Aufwände stehen nicht im Verhältnis zu denen, die die anderen Firmen verlangen.
Der Skandal ist nicht die Frage Microsoft vs. OSS sondern das Gebaren dieser Firma gegenüber eines Landes – trotz der 209 Mio EUR des Bundes plus der Lizenzkosten der Länder plus der Lizenzkosten der Kommunen plus der Lizenzkosten der Anstalten des öffentlichen Rechts.
Wow, die Open-Soure-Community mit der AfD zu vergleichen, ist aüßerst gewagt, zumal in der Post-Snowden-Ära.
Ist ja nicht so, als wäre da kein Schmu passiert.
Davon unabhängig geht es bei open-source nicht nur um Sicherheit, sondern auch um Unabhängigkeit, die sich mit Produkten von Quasi-Monopolisten einfach nicht umsetzen lässt.
Also, Sicherheit/Auditierbarkeit, Souveränität und der Aufbau von lokalem Know-how/lokalen Arbeitsplätzen, was gibt es daran auszusetzen?
Ganz zu schweigen von den Kosten und Datenschutzproblemen proprietärer Lösungen.
> In bester AfD-Manier wird davon geschwafelt, dass die Regierung den Willen des Vokes missachtet
In dem Link steht nichts vom Willen des Volles. Da geht es u. a. um Abhängigkeit von MS und die DSGVO.
Ich habe mir noch einige weitere Links angeschaut und kann den von Dir behaupteten Inhalt nicht finden. Insgesamt ein propagandistischer Artikel. Für Dich scheint die Welt nicht grau, sondern tatsächlich nur schwarz und weiß zu sein.
Schade!
Schau bitte in die Kommentare unter dem Artikel. Eigentlich hatte ich mit korrekter Sprungmarke verlinkt.
Viele FOSS-Anhänger sind eben auch nicht vom Fach. Daher können sie die reale Situation rund um die IT und Unternehmen gar nicht einschätzen. Da man auch noch selektiert, welche Nachrichten einem persönlich gut gefallen, entsteht dann schon mal ein eigenes Weltbild das man auch zu verteidigen versucht. Echte Aufarbeitung ist kompliziert und dauert Jahre, also bleibt man bei seiner Version der Ereignisse.
Wenn man das begriffen hat, lernt man auch einzuschätzen wann sich echte Aufklärung lohnt und wann nicht.
Ich sehe es oft so wie Curius. Sehr oft hat man in der FOSS-Szene mit irgendwelchen Nebelkerzen zu tun. Die Menschen die dann die Nebelkerzen verbreiten, haben selten was mit dem Thema zu tun und kennen sich nicht aus. Aber sie haben eben von dem und jenem gehört, finden es richtig, haben es aber nie hinterfragt. Und leider ist es oft so, wenn man etwas Licht in den Nebel bringen will, stößt man auf Unverständnis und eben zur Abwehr gegen die eigenen manifestierten Ansichten.
Dann heißt es plötzlich nicht mehr, man muss bereit sein etwas neues zu lernen 😅
Wie immer polemisch antwortest du hier auf genau dem gleichen niedrigen Niveau der Heise-Foren, die du zitierst. Fühlst du dich persönlich angegriffen, weil du für IT im öffentlichen Dienst verantwortlich bist? Trotzdem musst du auf Meinung nicht nur mit Gegenmeinung und Beschimpfungen reagieren.