Kubuntu 16.04 LTS – Ein wenig Licht am Ende des Tunnels

Ubuntu ist nach wie vor das Referenzsystem für Linux auf dem Desktop. Kein anderes System hat diese Breitenwirkung, auch wenn manche Entwicklungen der vergangenen Jahre kritisch gesehen werden können. Die alle zwei Jahre erscheinende LTS-Version ist somit immer noch der Maßstab für die Entwicklung des Linux-Desktops.

LTS-Versionen sind in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen, denn anders als viele Linux-Enthusiasten, die immer die aktuellsten Versionen haben wollen, schätzen viele Privatanwender Stabilität und langfristige Releasezyklen. Für die KDE-Community ist es deshalb nicht zu vernachlässigen, in welchem Zustand Kubuntu ist. Das viel geschmähte Stiefkind – sowohl von Ubuntu, als auch KDE – ist in ihrer Breitenwirkung nach wie vor die Referenzimplementierung.

Die vergangenen 12 Monate waren bei Kubuntu geprägt von Krisen, Abgängen und strukturellen Veränderungen. Zeitweilig stellten viele Beobachter das Überleben des Projekts grundsätzlich infrage. Zumal mit KDE neon unter dem KDE-Dach ein direkter Konkurrent etabliert wurde. In den vergangenen Wochen gab es jedoch auch positive Entwicklungen und während KDE neon immer noch auf sich warten lässt hat Kubuntu mit 16.04 eine neue LTS-Version veröffentlicht.

Die strukturellen Veränderungen und die Umbrüche in der KDE Entwicklung haben die Verantwortlichen jedoch bewogen eine verkürzte Supportdauer von 3 Jahren anzugeben. Kubuntu bewegt sich damit auf dem Niveau der anderen Derivate Xubuntu, Lubuntu und Ubuntu GNOME & MATE. Eine Verlängerung auf 5 Jahre wird erst für das kommende Release 18.04 wieder in Erwägung gezogen.

kubuntu 1604

Rahmenbedingungen und Versionen

Die neue Kubuntu Version profitiert naturgemäß von den Verbesserungen, die Canonical seit der letzten LTS 14.04 in Ubuntu vorgenommen hat. Neben Kernel 4.4 ist dies vor allem systemd 229, welches das vorherige Init-System upstart ablöst. Kubuntu selbst steuert den Plasma-Desktop in Version 5.5 bei, sowie die KDE Applications-Sammlung in Version 15.12. Die grundlegenden KDE Frameworks liegen in Version 5.18 vor, während Qt 5.5 zum Einsatz kommt. Die Versionen sind damit nicht ganz aktuell, aber auch nicht hoffnungslos veraltet. Bedauerlich für den Endanwender sind in die Inkompatibilitäten zwischen den Releasezyklen von Ubuntu und denen vieler Upstream-Projekten. Die neuen Versionen von KDE Plasma, Applications und auch Qt 5.6 haben die vorgegebenen Ubuntu-Zeitfenster teilweise um wenige Tage/Wochen verpasst.

Bei den grundlegenden Technologien hat Canonical im Gegenzug noch gegen Ende des Entwicklungsprozesses maßgebliche Veränderungen vorgenommen. Last-Minute-Updates bei MySQL und in der libc-Bibliothek haben nicht nur das Kubuntu-Team vor Herausforderungen gestellt.

Stabilität

Der Installationsprozess hat sich bei Ubuntu seit einigen Jahren kaum verändert, so auch nicht in Kubuntu 16.04. Die Kubuntu-Entwickler verzichten in der jüngsten Version auch auf experimentelle Softwareversionen oder Modifikationen in der Softwareauswahl. Man setzt weiterhin überwiegend auf KDE-Software, lediglich Firefox als Internetbrowser und die Büroanwendung LibreOffice bilden hier eine Ausnahme.

Teile der Softwarezusammenstellung wurden noch nicht auf die neueste KDE-Plattform portiert und liegt somit noch in der alten kdelibs4-Version vor. Dies betrifft unter anderem den Musikplayer Amarok, aber auch Kernprogramme wie den PDF-Betrachter Okular. Optisch fügen sich diese Programme aber nahtlos in das neue Breeze-Design ein.

Im Gegensatz zu früheren Versionen ist bei der Gesamt-Stabilität von Anwendungen und Desktopumgebung deutlich nachgebessert worden. Abstürze und offensichtliche Fehler prägen nicht mehr den Nutzungsalltag.

Problemzonen

Die nicht abgeschlossene Portierung der KDE Softwaresammlung ist allerdings nur ein Teilproblem der aktuellen Kubuntu-Veröffentlichung. Ein Großteil des riesigen Ubuntu-Softwarerepertoires wird durch den Synchronisationsprozess mit Debian beigesteuert. Der Zustand von KDE-bezogener Software bei Debian ist allerdings beklagenswert. Die Versionsstände von Plasma und Applications liegen hinter denen von Kubuntu (sind teils älter als in Kubuntu 15.10) und weite Teile der Softwarelandschaft wurden seit Jahren nicht aktualisiert.  Kubuntu schleppt also in universe einen unglaublich veralteten Debian-Kernbestandteil mit, was sich vor allem auf jene Endanwender auswirkt, die sich nicht mit der vorkonfigurierten Kubuntu-Programmauswahl zufrieden geben wollen.

Hürden in den Richtlinien

Kubuntu ist durch die strikten Update-Richtlinien an die Versionsstände gebunden, die nun im April ausgeliefert wurden. Das ist eben die grundsätzliche Idee hinter stabilen Veröffentlichungen. Bedingt durch die verkürzten Supportzeiträume bei KDE und der etwas ungünstigen Releasezyklus-Überschneidung, durch die Plasma 5.6 und Applications 16.04 nicht mehr aufgenommen werrden konnten, sind die in Kubuntu enthaltenen Versionsstände upstream bereits EOL (End of Life).

Bugfixveröffentlichungen werden somit nicht mehr erfolgen, sondern müssten aufwändig durch das Kubuntu-Team auf die enthaltenen Versionsstände zurück portiert werden. In Anbetracht der Teamgröße erscheint dies vollkommen illusorisch. Das gleiche gilt für Qt 5.5, auch wenn die Verantwortung hier nicht bei Kubuntu, sondern direkt bei Canonical liegt, da Qt in main untergebracht ist.

Zusammengefasst

In Anbetracht der schwierigen Gesamtsituation und der Befürchtungen, dass Kubuntu komplett eingestellt werden könnte, ist die aktuelle LTS ein Lichtblick. In einer schwierigen Lage hat das geschrumpfte und komplett aus Ehrenamtlichen bestehende Team eine solide Distribution veröffentlicht. Teile der Probleme liegen ursächlich im Releaseprozess von Ubuntu, aber andere Probleme müssen bei Debian und KDE angegangen werden.

Obwohl Kubuntu 16.04 eine ordentliche Distributionsveröffentlichung ist, kann ein Umstieg von 14.04 nicht vorbehaltlos empfohlen werden. Wer mit Kubuntu 14.04 glücklich ist, sollte sich gut überlegen, ob der Aufwand des Umstiegs sich wirklich für ihn lohnt. Zumal durch die veränderten Supportzeiträume beide Versionen bis 2019 unterstützt werden.

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.

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