Die Entwickler von Mozilla Thunderbird wagen sich an eine Modernisierung des überkommenen Designs. Dabei zeigen sich die alten Probleme der Open Source Entwicklung. Mangels systematischer Datenerhebung oder der Existenz von Verkaufszahlen rücken die alten Meckerköpfe in den Fokus und plötzlich steht wieder alles infrage.
Bei Thunderbird geht zurzeit die Post (hihi) ab. Nach Jahren des Dämmerschlafes hat man nun einiges unternommen, um die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen. Mit der Übernahme von K9 Mail nahm man gewissermaßen die Überholspur, um die lang verschlafene Mobilentwicklung aufzuholen. Auf dem Desktop möchte man mit dem Supernova genannten Designupdate die 2000er-Jahre-Optik des Clienten hinter sich lassen. Die aktuellen Entwürfe sehen für mich sehr vielversprechend aus und lassen freudig auf das Release im Sommer schauen.
Leider zeigt sich mal wieder das alte Problem der Open Source-Entwicklung. Es gibt keine systematisch erhobenen Nutzungsdaten, es gibt keine Verkaufszahlen, es gibt eigentlich überhaupt keine valide Datengrundlage für die Entscheidung von Entwicklern. Deshalb gewinnen die Alleshasser mal wieder überproportional Gewicht und plötzlich überlegt man bei Thunderbird doch am alten Design irgendwie – zumindest optional – festzuhalten und sich aufwendige Wartungsverpflichtungen ins System zu holen.
Die Argumente dieser sich bei jeder Entwicklung zu Wort meldenden Meckerköpfe kennt man: Funktioniert doch alles, warum etwas ändern, schon der Kalender war überflüssig, das Adressbuch sowieso, ich brauch meine fünf superwichtigen Addons, was ist mit PGP usw. usf. Ergo: Alles soll so bleiben, wie es ist.
Meiner Ansicht nach ist das wie so oft eine kleine lautstarke Minderheit, die sich zu Wort meldet. Genau wie bei Leserbriefen in der Lokalzeitung oder Demos, bei denen 5 Teilnehmer „Wir sind das Volk“ skandieren. In gewisser Weise haben die Entwickler von GNOME in den letzten Jahren den Gegenbeweis angetreten. Sie haben stur ihr Konzept durchgezogen und dabei manche Abspaltung in Kauf genommen. Trotzdem ist GNOME noch immer der erfolgreichste Desktop und schleppt deutlich weniger Altlasten mit sich herum als beispielsweise KDE und kann viel agiler auf neue technologische Veränderungen reagieren.
Besonders interessant finde ich, wie diese Minderheit gerade versucht, das Argument zu platzieren, dass die Quantum-Entwicklung und Abschaffung der alten Addon-Plattform bei Firefox vor einigen Jahren den Grund für den Niedergang darstellt. Das es dafür keine wirklichen Argumente gibt, eine Minderheit ihr Nutzungsverhalten zum Maßstab erklärt und es zig andere Gründe für den Aufstieg von Chrome & Co gibt – geschenkt.
Hoffentlich hören die Thunderbird-Entwickler auf den letzten Metern nicht zu sehr auf diese lautstarken Meckerköpfe. Es wäre schade, um eine tolle Entwicklungsrichtung.
Bloß nicht dieses AppleMail/Conversation Schrottdesign. Wer schon einmal mit Emails ARBEITEN mußte wird das sicher verstehen. K9 ist auf dem handy übrigens nicht deswegen das beste Mailprogramm, weil es dieses AppleMaildesign hat, sondern weil es für Handy gestaltet optimal wurde.
Das „Arbeiten“-Totschlagargument… Willst du damit deine Bedarfe höher gewichten? Warum sollte man mit einem anderen Design nicht arbeiten können? Wird damit irgendeine Funktion weggenommen, die für das Arbeiten essenziell ist? Oder musst du nur lieb gewonnene Mauswege aufgeben und willst dich nicht umstellen?
Lieb gewordene Mauswege sind für ein angenehmes Arbeiten ziemlich essentiell. Thunderbird ist nicht gerade en vogue und die konserbativen Open-Source-Alleshasser stellen vermutlich die größte Anwendergruppe dar. Man muss schon überlegen, ob man treue, konservative Nutzer verprellen möchte um neue Nutzer von ihren bisherigen (moderner gestalteten) Mailprogrammen abzuwerben. Vor diesem hintergrund ist die Entscheidung die bisherige GUI optional anzubieten sinnvoll, nutzerfreundlich und konstruktiv.
Ich finde es ulkig. Open Source-Befürworter haben sich jahrzehntelang über Windows-Nutzer lustig gemacht, die gar keinen Computer bedienen können, sondern nur Windows, nur Mauswege auswendig gelernt haben und nicht die Funktion verstanden haben etc. Nun offenbart eine wahrnehmbare Gruppe, dass sie kaum anders tickt und ihre lange antrainierten Programme nicht verändert haben wollen. Aber da heißt es dann, es würde um Produktivität und arbeiten gehen.
Ein recht überhebliches Urteil. Fehlende Computerkenntnis und Muscle Memory haben nichts miteinander gemein.
Im Englischen sagt man: When it’s not broken, don’t fix it.
Wer etwas ändert das funktioniert, sollte dafür einen guten Grund haben. Thunderbird stört potentiell den Workflow von hunderttausenden von Menschen die damit jeden Tag arbeiten. Jede kleine Ineffizienz geht in viele Tage Arbeitszeit die verschwendet werden weil Abläufe jetzt nicht mehr funktionieren wie vorher. Daher sollte man sehr kleine inkrementelle Schritte machen die gute Gründe haben und klare Verbesserungen sind, statt plötzlich Leuten etwas völlig neues auftischen. In vielen Bürojobs gibt es für jede neue Officeversion erst eine teure Schulung. Und im Prinzip sehen Officeprogramme seit Jahrzehnten immer sehr ähnlich aus.
Wenn die Entwickler bei „Weiterentwicklung“ meinen, dass sie das Design ändern, dann hat man böse Vorahnungen – Gnome hat vor allem Funktionen weggestrichen und alles musste apple-likiger werden, jeder den ich kenne hasst Nautilus weil man damit kaum mehr „arbeiten“ kann. Man fragt sich, wer eigentlich die Zielgruppe von diesem Funktionsminimalismus ist.
Das neue „Design“ von Firefox hat auf einmal die Bookmarks auseinandergezogen, also Platz verschwendet. Sinnvolle Funktionen waren keine spürbar – nur eine neue „Startseite“, nach der keiner gefragt hatte und die schon auf dem Telefon nicht gut funktioniert hat.
Jetzt also zu erwarten, dass bloss das Design aufgehübscht, also apple-liker gemacht werden soll ist nicht unberechtigt. Dass gerade bei Thunderbird funktional einiges im Argen liegt (javascript im RSS-Reader nur für alles auf einmal abschaltbar, plugin/addon-„Mord“, gKalender-integration „schwierig“, Synchronisationsfähigkeiten sparsam, Mail-Antwort-Verfolgung nichtexistent), aber zu allererst mal am Design gefeilt wird ist … originell.
Design ist eines, Funktion etwas anderes. Leider wird bei Mozilla zunehmend das eine für das Andere wegrationalisiert. Dann kann man auch gleich Chrome/Webmail nehmen :-/
Was hat denn das GUI mit den Features zu tun? Immer wenn Du hier n Post absetzt kommt da unbrauchbares Dünnes raus. Vielleicht lässt Du’s künftig einfach bleiben.
Die grafische Oberfläche und die Funktionalität sind aufs engste miteinander verknüpft. Darum wird heutzutage UX auch so viel Raum gegeben. Wem das nicht bewusst ist, der offenbart eine große Unkenntnis und sollte sich mit Anschuldigen, dass irgendetwas „dünn“ wäre tunlichst zurückhalten.
„Meiner Ansicht nach ist das wie so oft eine kleine lautstarke Minderheit, die sich zu Wort meldet.“ Hast Du dazu systematisch erhobenen Daten, Verkaufszahlen oder überhaupt irgendeine valide Datengrundlage?
Wenn ich einen Satz mit „Meiner Meinung nach…“ einleite, folgt daraus ziemlich offensichtlich, dass das darauf folgende meine Meinung ist. Damit unterscheide ich mich übrigens von gewissen Kommentatoren, die behaupten ihre Ansicht wäre irgendwie allgemeingültig.
GNOME bekommt übrigens bis heute die gleiche Kritik ab (siehe oben auch von „Langzeitbenutzer“). In den Kommentarspalten finden das immer alle doof. Trotzdem setzen die meisten relevanten Distributionen auf GNOME und selbst bei jenen mit Wahlfreiheit wie Arch oder Debian führt immer GNOME die Nutzungsstatistik an. Offenkundig sind die Kommentatoren also eine Minderheit. Es ist naheliegend dieselbe lautstarke Minderheit bei der aktuellen Thunderbird-Debatte zu vermuten.
Selten soviel quatsch gelesen. Es gibt keine erhobenen Daten, keine Verkaufszahlen etc. aber Gnome ist erfolgreich mit ihrem wir machen was wir wollen.. hahaha. lächerlich genau wie die anderen querverweise. Du bist die Mehrheit und Ihr anderen seit die Minderheit. wohl bekomms
Findest du nicht, dass GNOME mit seinem rigiden Kurs in der Summe ziemlich erfolgreich die letzten Jahre war? Ich nutze es ja selbst nicht mal, aber kann das trotzdem anerkennen.
Nein, so ziemlich das Gegenteil von erfolgreich. Nie gab es mehr Forks, weil ein relevanter Teil der Nutzer sich einfach übersehen fühlt.
Richtig, es gibt viele Abspaltungen. Alle großen Distributionen haben GNOME aber weiterhin als Standard und bei denen mit Wahlfreiheit wie Debian und Arch sagen die erhobenen Daten, dass GNOME trotzdem der meistgenutzte Desktop ist. Ich finde das erfolgreich.
Ich brech‘ fast ab vor lachen. Gerrit wirft hier von ihm so bezeichneten Alleshassern (lustiger Name) vor, alles Neue ohne Argumente abzulehnen und hier schreiben ganz viele in üblem Tonfall, er habe unrecht, ohne Argumente aber richtig schön heftig beleidigend. Leute, ihr liefert die Argumente, welche ihm oben gefehlt haben. Ihr seid echt die letzten Nutzer, die eine Anwendung haben will. Arme Entwickler, die solche Leute wie euch bei der Stange halten müssen.
Genau das habe ich mir auch gedacht. Genau das! Hat mit Evolution freier Software auch wenig zu tun 😟
Bin gespannt. Nutze Thunderbird vor allem aus Gewohnheit und nur deshalb, weil ich Anfangs einen Mail Clienten gesucht habe, der für Windows und Linux verfügbar war und plattformübergeifend nutzbar war. Wirklich warm geworden bin ich mit Thunderbird aber nie.
Meiner Meinung nach kann es fast nur besser werden, egal was geändert wird. Einzig der Gnome vergleich hier im Artikel macht mich misstrauisch, bei Thunderbird Funktionen zu streichen die angeblich keiner braucht fände ich nicht so witzig (verstecken und in eine experten Konfiguration verschieben dagegen gerne). Aber wenn sie sich am Funktionsumfang von K9 Mail orientieren, steht das eher nicht zu befürchten.
Sehe ich auch so.
Ich freue mich total auf das neue App-Layout! M.E. ist das absolut überfällig, Thunderbird wirkt sogar gegen Outlook wie aus der Zeit gefallen. Und man darf nicht vergessen, wer (vermutlich) die größte Nutzergruppe darstellt: Die Normalnutzer, nicht wir, die IT-Insider (mehr oder weniger), und auch nicht professionelle Anwender (die nutzen Outlook-Exchange oder CRMs/Ticketsysteme/Projektmanagementsysteme). User wie meine Schwiegermutter oder meinen Vater oder meine Kinder vergessen wir total in den Kommentarspalten; die haben keine superkrassen Workflows. Ich persönlich hoffe auf den Kunstgriff, ein aufgeräumtes Layout (mit anständiger 3-Spalten-Ansicht!) zu etablieren, und dabei die Pro-Features wie Filter-Automatismen gut erreichbar und deren Wirkung gut erkennbar zu machen. Neu muss ja nicht zwingend dysfunktional bedeuten…
(P.S. das Projekt Betterbird behebt schon einige der gravierendsten Thunderbid-Probleme, u.a. auch die mangelhafte 3-Spalten-Ansicht: https://betterbird.eu/#featuretable)