Telegram – Mythenpflege für die Zielgruppe

Telegram – in Deutschland Lieblingskanal für Querfront und Verschwörungsideologen aller Couleur – betreibt mal wieder Mythenpflege. Nun fragt man die Zielgruppe, wie man es mit Auskünften halten soll. Dabei kooperiert Telegram längst mit dem deutschen Staat.

Telegram ist sicherheitstechnisch ein äußerst mäßiger Messenger. Sicherheit spielt eigentlich nur in wolkigen PR-Meldungen eine Rolle. Was Telegram aber bietet, ist eine vergleichsweise libertäre Löschpolitik. Auf Telegram darf man (fast) alles schreiben, ohne Konsequenzen der Betreiber fürchten zu müssen. In autoritären Regimen ist Telegram deshalb ein beliebter Kanal für die Opposition. In Deutschland jedoch vor allem für jene, die sich einbilden, in einem autoritären Regime zu leben. Deshalb ist Telegram hier der Lieblingskanal für Hassprediger, Querfront-Aktivisten und Verschwörungsideologen geworden. Konsequenzen der Betreiber mag es nicht geben, dafür wenigstens ab und an mal Konsequenzen durch den Staat. Denn Telegram kooperiert schon länger mit den deutschen Behörden.

Nun betreibt Telegram scheinbar Imagepflege, denn es fragt seine Anwender, wie es denn Auskunftsersuchen behandeln soll. Etwas, das – siehe oben – schon längst passiert und teilweise in der Datenschutzerklärung des Dienstes verankert ist. Außerdem kann ein Dienst nicht einfach entscheiden, ob er sich an die Gesetze eines Staates hält oder nicht. Das musste schließlich auch Telegram erkennen, denn die – zugegebenermaßen zögerliche und beschränkte – Kooperation mit den deutschen Behörden folgte auf eine Verbotsdebatte für den Dienst.

Die Umfrage ist deshalb vor allem eine PR-Kampagne für die eigene Zielgruppe. Die Mechanik hinter der Erhebung ist zudem so undurchsichtig wie russische Wahlen und es könnte daher primär um die gefühlte Partizipation geben. Immerhin versucht man inzwischen den Dienst zu monetarisieren, da kann man es nicht gebrauchen, dass die liebevoll gepflegte Zielgruppe sich einen neuen Dienst suchen könnte. Das Schöne für die Betreiber: Die von Auskunftsersuchen wirklich betroffene Zielgruppe wird es nicht merken – steht ja schließlich nicht in Telegram, sondern nur bei der Lügenpresse. Kann man sich schönere Kunden vorstellen?

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.
  1. oha da hat der Schreiberling ja richtig Ahnung 🙂 Die Verschlüsselung bei Telegram ist vorhanden und sicher. Nur eben nicht in Gruppen wie bei den technisch versierten Nutzern bekannt ist.

    Die Androhung eines Verbotes von Telegram war ein Outing der besonderen Art 🙂 Hier hat die Dame die das vorschnell verkündet (und ebenso schnell wieder dementiert) Recht schnell erklärt bekommen das man maximal den deutschen Playstore dazu zwingen kann Telegram nicht mehr zum Download anzubieten (wie das eben auch China macht zB). Aber die APK des Messengers ist natürlich aus anderen Quellen problemlos zu laden und zu nutzen. Auch Netzsperren sind leicht via VPN zu umgehen. So kann man zwar den gemeinen Mitläufer und Wichtigtuer ausbremsen, mehr aber auch nicht. Alleine die Tatsache daß hier geschrieben wird das Telegram nur von Querdenker genutzt wird weil sie alles schreiben dürfen, zeigt auch das Unverständnis des Autoren für die Materie

    • Ja klar Telegram ist super. Keine Verschlüsselung für Gruppen, keine Verschlüsselung außerhalb “geheimer” Chats, eine selbst zusammen gestrickte technische Lösung für die Verschlüsselung (für die es zugegebenermaßen inzwischen wenigstens mal ein Audit gab), keine konsequente Datensparsamkeit im Bereich der Metadaten, kein quelloffener Serverpart. Warum auch an Standards orientieren, die andere Messenger gesetzt haben…. Hauptsache die Zielgruppe glaubt es weiterhin. Dein Kommentar ist ein schönes Beispiel dafür.

    • oha da hat der Schreiberling ja richtig Ahnung (:
      “Die Verschlüsselung bei Telegram ist vorhanden und sicher.” du hast da was vergessen: “wird nur leider nicht eingesetzt”.

      was will ich mit einem Messenger, welcher im 3. Jahrtausend immer noch keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung als Standard hat, mit Meta-Daten um sich wirft und für Gruppen etc. einfach mal GAR KEINE Verschlüsselung bietet? Die Sicherheit von Telegram basiert allein auf das Vertrauen in den Betreiber und seine Versprechen. Einen Betreiber, der kein ordentliches Impressum vorlegen mag, kein Bock auf ein Audit hat, seinen Code nicht einmal im Teil veröffentlicht und sich nicht an erprobte Crypto-Standards hält sondern mit MTproto sich seinen eigenen kruden Mist zusammengebaut hat (setzt bis Version 2.0 auf SHA-1 welches seit Jahren als unsicher gilt und seit 2017 durch google geknackt).
      Ich sehe keinen einzigen Grund, Telegram einzusetzen, vor allem da es mehr als sehr gute Alternativen gibt wie zum Beispiel Signal oder gar Threema. Die Bot-Integration war mal ein Grund. Mittlerweile können das andere besser und sicherer.

      Was die ganze Telegram-Anhängerschaft nicht verstanden hat: wenn man für das Produkt nichts bezahlt, ist man selber das Produkt. Lieber 2€ in Threema investieren und komplett anonym kommunizieren und sicher sein und wirklich außerhalb des Systems agieren, als sich in einen Messenger der Systemlinge tummeln (Telegram) und seinen Unmut auf einer System-Platform (Facebook) kundtun… Kannste dir nicht ausdenken sowas 😀

    • Im Text steht auch nicht das es NUR von Quer-“denkern” genutzt wird. Lediglich das es deren Lieblingsoption für die kollektive Bubble ist.

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