Robert Habeck hat vergangene Woche einen Rückzug von Facebook und Twitter verkündet. Anlass war die Doxing-Affäre, bei der persönliche Informationen über ihn im Netz publik wurden. Für diesen Schritt hat er in den vergangenen Tagen viel Kritik erhalten, die mehr über die Medien, als über den Politiker aussagen.
Robert Habecks Entscheidung ist eigentlich begrüßenswert. Die Ereignisse der vergangenen Jahre im Zusammenhang mit Wahlmanipulationen und ähnlichen Vorwürfen haben gezeigt, dass die so genannten sozialen Netzwerke kein geeignete Ort für eine politische Debatte sind. Unabhängig von den Motiven Habecks und ob es sich dabei um eine Kurzschlusshandlung oder nicht handelte, ist dieser Schritt also gut, weil er hoffentlich für viele Politiker eine neue Option offenbart.
Wirklich interessant waren die – insgesamt tendenziell negativen – Reaktionen in der Presse. Zwei Artikel kann man hier exemplarisch herausgreifen. Auf ZEIT ONLINE warf man ihm vor der demokratischen Kultur zu schaden, weil er den Dialog mit den Bürger vermeidet und die Süddeutsche Zeitung sieht die Tendenz zu unterkomplexen Antworten.
Manchem Journalisten täte es gut einen Blick auf die Fakten zu werfen. Facebook veröffentlicht nicht regelmäßig offiziellen Zahlen für die Nutzung in Deutschland. Trotzdem sind ein paar Zahlen bekannt (und diese sind sicherlich tendenziell positiv geschätzt): Es gab im Herbst 2018 32 Mio. „aktive“ Facebook-Nutzer und 23 Mio. täglich aktive. Aktiv bedeutet hier übrigens nicht eine überbordende Interaktion, sondern es reicht sich einmal täglich anzumelden. Die Zahlen in Deutschland stagnieren übrigens. Für Twitter sieht das nochmal bescheidener aus. Das Unternehmen veröffentlicht keine Zahlen für Deutschland aber die Macher der ARD/ZDF Onlinestudie vermuten nicht mehr als 3-4% der deutschen Bevölkerung auf Twitter.
Selbst wenn wir also davon ausgehen, dass es keine Doppelaccounts und keine Überschneidungen gibt (was sehr unwahrscheinlich ist) gibt es maximal 35 Mio. aktive Nutzer sozialer Netzwerke. Der Löwenanteil geht dabei auf Facebook, dessen Popularität ausweislich aller Studien in Deutschland schwindet. Twitter spielt für die deutsche Öffentlichkeit kaum eine Rolle. Es ist also nicht einmal die Hälfte der deutschen Bevölkerung in den sozialen Netzwerken vertreten – Tendenz stagnierend. Wie viele sich davon dort politische Äußern oder gar Politikern folgen ist vollkommen unbekannt.
Wenn sich ein Politiker von Facebook und Twitter zurück zieht verweigert er sich also mitnichten dem demokratischen Diskurs. Er verweigert sich höchstens der journalistischen Filterblase – denn die ist auf Twitter ziemlich offensichtlich.
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