openSUSE Leap 16 erreicht RC-Status

OpenSUSE Leap 16 hat nun den Status „Release Candidate” erreicht und wird voraussichtlich am 1. Oktober 2025 in der finalen Version veröffentlicht. Einen ersten Blick darauf hatte ich bereits geworfen. Es sieht alles vielversprechend aus.

Leap 16 ist nicht nur eine neue Inkarnation des stabilen openSUSE-Zweigs, sondern geht in vielen Bereichen neue Wege. Entsprechend empfehlen die Entwickler eine komplette Neuinstallation. Basis für Leap 16 ist die neue Adaptable Linux Platform (ALP) von SUSE, die künftig als Grundlage für Leap, Leap Micro und weitere SUSE-Lösungen dienen wird.

Mit Leap gehen die openSUSE-Entwickler einen Mittelweg. Einerseits werden alte Zöpfe abgeschnitten. Das bedeutet konkret: YaST ist nicht mehr enthalten, die Installationsroutine wurde neu gestaltet, es gibt keine X11-Desktopumgebungen mehr, standardmäßig ist kein aktiver Root-Account vorhanden (lässt sich aber in der Installationsroutine anders einstellen), SELinux wird anstelle von AppArmor verwendet und es gibt keine 32-Bit-Version. Gleichzeitig scheuen die Entwickler aber den radikalen Schritt zu einem Atomic-System. Die neue Version von openSUSE basiert weiterhin auf der klassischen Paketverwaltung mit RPM und Zypper. Aktuell gibt es keine Pläne, die klassische Variante zu streichen; vielmehr sollen Atomic-Systeme parallel zu klassischen Paketverwaltungssystemen bestehen.

Im Hintergrund wurde zudem das Repository-Verzeichnis umgestellt. Die oft verwirrende und fehleranfällige Lösung mit verschiedenen Hauptrepositorien und mehreren Update-Repositorien wird aufgegeben. Künftig existiert nur noch ein einziges Repositorium für SLE-Pakete, Community-Pakete und deren Updates.

Am Wochenende habe ich mal intensiver mit der RC gespielt. Der neue Installer „Agama” ist funktional und bietet alle notwendigen Optionen, ohne die Anwender mit Varianten zu überfordern, die vermutlich nur wenige Power-User je benötigen. Einige Bereiche, wie die Vollverschlüsselung, sind nun deutlich leichter umzusetzen. Die Standardparameter sind zudem sinnvoll gesetzt. Die UI ist allerdings nicht unbedingt intuitiv. Als ich die Standardpartitionsschemata überarbeiten wollte, musste ich ziemlich herumprobieren. Das UX ist aber immer noch deutlich besser als das von Anaconda, dem Negativrekordhalter von Red Hat.

Derzeit sind drei Desktopumgebungen enthalten. Das liegt maßgeblich am Entwicklungsstand von Wayland. KDE Plasma und GNOME sind selbstverständlich verfügbar und dürften damit die Mehrheit der Nutzenden zufriedenstellen. Für Minimalisten gibt es zudem eine experimentelle Xfce-Variante mit Wayland-Kompatibilität. Alle anderen Desktopumgebungen sind entweder nicht Wayland-kompatibel oder es haben sich zu wenige Community-Entwickler gefunden, die diese für openSUSE Leap 16 unterstützen wollten. Meiner Ansicht nach war klar, dass sich mittelfristig die Spreu vom Weizen trennen würde, da die Anzahl der Open-Source-Entwickler begrenzt ist und größere Entwicklungssprünge bewältigt werden müssen.

Anstelle von YaST steht für die reine Softwareverwaltung nun Marylyn zur Verfügung. Optisch ähnelt diese der YaST-Paketverwaltung, ohne jedoch die Altlasten mit sich herumzuschleppen. Die Software reagiert stellenweise etwas zäh, funktioniert aber ansonsten reibungslos. Experten können wie gewohnt auf der Kommandozeile mit Zypper arbeiten. Die meisten anderen YaST-Funktionen, wie die Verwaltung von Druckern und Scannern, die Benutzerkontensteuerung usw., werden schon lange von entsprechenden Werkzeugen der Desktopumgebungen übernommen. Durch die Abschaffung von YaST wird hier nur eine oft verwirrende Doppelinfrastruktur beseitigt.

Insgesamt macht openSUSE Leap 16 einen guten Eindruck auf mich. Es ist schön, dass die stabile Variante von openSUSE den Sprung auf die ALP-Basis mitvollzogen hat. Soweit ich das überblicke, gibt es in den Kommentarspalten der einschlägigen Open-Source-Newsportale die übliche Meckerei über Veränderungen, aber das kann und sollte man getrost ignorieren. Manchen fallen Veränderungen eben schwer, und das gilt leider insbesondere für die Linux-Desktop-Nutzer. Die neue Leap-Inkarnation ist stabil, bietet eine solide Basis für Nutzer, die kein Rolling Release wünschen und bringt den SUSE-Desktop voran.

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.
  1. Hi Gerrit,

    danke für Deinen Beitrag. Weißt Du, ob bzw. wann geplant ist bzw. sein wird, Atomic in Leap einzubauen? Wenn es soweit ist, würde ich dann eventuell den Sprung von Kinoite zu einem „Atomic openSUSE“ wagen. Einfach nur, um weniger „US-lastig“ unterwegs zu sein.

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