Google macht einen Rückzieher bei Drittanbieter-Cookies

Vor einem halben Jahr veröffentlichte ich hier im Blog einen Nachruf auf den Drittanbieter-Cookie und seit wenigen Tagen ist nun klar, dass wir ihn noch länger behalten dürften. Denn Google verkündete das Ende vom Ende des Drittanbieter-Cookies.

In einem Blogpost, der eigentlich Privacy Sanbox – dem designierten Tracking-Nachfolger des bei der Werbeindustrie beliebten Drittanbieter-Cookies – gewidmet war, kündigte das Unternehmen diesen radikalen Schritt eher unspektakulär an.

Nach dem üblichen Marketingtext kommt der entscheidende Teil:

In light of this, we are proposing an updated approach that elevates user choice. Instead of deprecating third-party cookies, we would introduce a new experience in Chrome that lets people make an informed choice that applies across their web browsing, and they’d be able to adjust that choice at any time. We’re discussing this new path with regulators, and will engage with the industry as we roll this out.

QuelLe: A new path for Privacy Sandbox on the web

Das ist nicht weniger als eine 180-Grad-Wende von Google und damit letztlich ein Eingeständnis des Scheiterns. Lange hat man versucht, den Werbetreibenden die Privacy Sanbox schmackhaft zu machen. Google als größter Werbekonzern im Internet braucht die herkömmlichen Drittanbieter-Cookies eigentlich gar nicht, da es auf vielen anderen Wegen massenhaft an Nutzerdaten gelangt.

Andere Werbetreibende sind aber nach wie vor auf diese vergleichsweise einfache Technik angewiesen. Alphabet/Google kann und darf dies nicht ignorieren, da es sich bereits in kritischen rechtlichen Auseinandersetzungen um seinen vermeintlichen Monopolstatus befindet. Chrome hat mittlerweile eine erdrückende Marktmacht. Würde Google hier andere Werbetreibende benachteiligen, wäre die nächste Klage vorprogrammiert.

Um dies zu verhindern, hatte Google die Regulierungsbehörden in seine Pläne für eine Privacy Sandbox einbezogen und das Feedback anderer Werbetreibender berücksichtigt. Die Nutzerinnen und Nutzer spielten dabei keine Rolle, aber das überrascht bei dem Thema wohl niemanden. Das Ergebnis war, dass die Privacy Sandbox nicht den Anforderungen entsprach und nun alles wieder auf Anfang steht.

Anstelle der Privacy Sandbox wird es wohl weiterhin Cookies von Drittanbietern geben – allerdings mit einer „informierten Entscheidung“ des Nutzers. Die Formulierung kennen wir aus der Datenschutzgrundverordnung und dementsprechend bleibt abzuwarten, wie sie genau umgesetzt wird. Sollte es aber wirklich zu einer massenhaften Deaktivierung durch die Nutzer kommen, wäre das Drittanbieter-Cookie doch erledigt und die Werbeindustrie müsste sich wohl mit der Privacy Sandbox oder dem alternativen Weg von Mozilla anfreunden.

Ich persönlich glaube nicht mehr an eine große Zukunft des Drittanbieter-Cookies. Das Manöver von Google zeigt aber auch, dass es nicht so einfach sein wird, eine akzeptierte und praktikable Alternative zu entwickeln. Bis dahin müssen alle datenschutzinteressierten Nutzer abwarten, was als nächstes blockiert werden muss.

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.

Kommentieren Sie den Artikel

Ergänzungen dienen der Diskussion über die Inhalte des Artikels. Nachfragen, Anmerkungen und Ergänzungen sind dezidiert erwünscht. Ergänzungen werden vor der Veröffentlichung moderiert. Wir behalten uns vor Kommentare ohne inhaltlichen Bezug oder abseitige Diskussionen nicht zu veröffentlichen.

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Weitere Artikel