Mastodon gibt es schon lange. Twitter sogar noch länger. Viele Jahre haben die Mastodon-Fans um die Twitter-Nutzer geworben. Denn ein soziales Netzwerk lebt davon, dass es genutzt wird. Dann kam Elon Musk und Mastodon schaffte den Durchbruch. Ende 2023 kann Bilanz gezogen werden.
Meine Brille ist die primäre berufliche Nutzung. Ich bin mir bewusst, dass manche Leute Twitter oder Mastodon auch primär zur privaten Kommunikation nutzen, aber für mich sind diese Netzwerke in erster Linie Austauschkanäle für die deutschlandweit verteilte Wissenschafts-, Bibliotheks- und Informationswelt. Entsprechend basieren meine Erfahrungen vor allem darauf. Wer sich in anderen Bubbles bewegt, mag andere Erfahrungen gemacht haben.
Twitter war in Deutschland lange Zeit unpopulär – aber dennoch in einigen Bereichen fest verankert. Legendär ist die Aussage von Dorothee Bär in einem WELT-Interview:
„Auf Twitter sind ohnehin nur Politiker, Journalisten und Psychopathen unterwegs.“
Interview WELT 10.03.2018
Dennoch erfreute sich Twitter ungebrochener Beliebtheit. Ich persönlich hatte damit keine großen Bauchschmerzen, da ich beruflich viele Systeme und Dienste benutze, die für Privatsphäre und Datenschutz suboptimal bis katastrophal sind. Solange es im beruflichen Bereich bleibt, ist das Sache des Arbeitgebers und ich kann hier nur auf der Arbeit auf Veränderungen hinwirken.
Bis zum Frühjahr 2022 haben viele Twitter-Nutzer das Netzwerk nicht wirklich gemocht, aber intensiv genutzt. Dann kündigte Elon Musk an, Twitter kaufen zu wollen. Im Mai 2022 habe ich mich deshalb zum ersten Mal ernsthaft mit Alternativen beschäftigt und hier im Blog laut über Netzwerkeffekte nachgedacht. Die meisten Nutzer blieben trotzdem bei Twitter – ich auch. Im November nahm das Ganze dann mehr Fahrt auf als erwartet. Ich persönlich zog die Konsequenz und löschte meinen Twitter-Account. Aber viele andere blieben auf Twitter aktiv und die Bubbles teilten sich. Crosspostings verschiedener Kontakte zeigten, dass es immer mindestens eine parallele Diskussion im anderen Netzwerk gab.
Das hat Elon Musk mit diversen anderen Pannen nun endgültig abgestellt. Eine tolle Historie kann man hier nachlesen. Bei den letzten Open-Access-Tagen in Berlin konnte ich beobachten, dass alle relevanten Akteure auf Mastodon kommunizierten. Eine Datenauswertung ergab auch, dass auf Mastodon mehr aktive Accounts mit dem Hashtag #OAT23 zu finden waren als auf X. Zudem waren einige der X-Posts lediglich Crosspostings der Mastodon-Posts. Ende 2023 wird X vollständig eingestellt.
Welche Lehren lassen sich daraus ziehen? Ähnlich wie bei Facebook/WhatsApp und Signal braucht es einen Anlass. Die permanente Kritik aus dem Datenschutz-/Privacy-Lager wird zwar als Hintergrundrauschen wahrgenommen, löst aber keine Wechselstimmung aus. Diese bittere Erkenntnis ist zu akzeptieren. Der Anlass darf aber nicht einmalig sein, denn dann wechselt nur ein kleiner Teil der „Frühaufgeregten“ und die große Mehrheit bleibt beim bisherigen Dienst. Die Netzwerkeffekte führen dann dazu, dass die „early movers“ entweder zum dominanten Netzwerk zurückkehren, sich abspalten oder die Netzwerke ganz verlassen.
Es brauchte also mehrere Aufreger, am besten zu verschiedenen Themen, um die Schmerzpunkte verschiedener Gruppen zu treffen. Musk hat das sehr gut verstanden. Hass, Hetze, Antisemitismus, Aussperrung kritischer Journalisten, Trump-Unterstützung, Namensänderung, Chaos, Massenentlassungen, Einstellung von APIs, kostenpflichtige Zusatzabos, erratische Entscheidungen. Mit jeder Aktion wurden weitere Unterstützergruppen verprellt. In der Folge kehren auch Werbekunden der Plattform den Rücken, wodurch die Einnahmen wegbrechen – Werbung ist schließlich die einzige wirklich funktionierende Einnahmequelle im Internet.
Wenn das alles zusammenkommt, dann kommt es zur Abwanderung. Das zeigt noch einmal, wie hoch die Hürden sind. Es braucht schon jemanden wie Musk, um das Ganze durchzuziehen. Andere relevante Akteure wie Mark Zuckerberg sind viel zu gesellschaftsfähig, um so viele Fehlentscheidungen auf einmal zu treffen. Das bedeutet leider auch, dass aus der Twitter-Migration keine Lehren für Instagram, WhatsApp & Co gezogen werden können. Die Community kann Alternativen für den Fall der Fälle liefern und die Privacy-Community kann ein kritisches Grundrauschen erzeugen, aber die konkreten Anlässe müssen von woanders kommen.
Wie sieht denn der Erfolg in Zahlen aus?
https://mastodon.social/@mastodonusercount/111287993906085881
Ich weis nicht on man Dorothee Bär nennnen sollte, da diese Dame keinen Plan von Irgendwas hat, des Weiteren in ihrer Amtszeit als Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung hat sie lieber den Fokus auf alles Andere (Flugtaxi, was bis heute nicht im Ansatz fliegt) gelegt, statt den Ausbau der Infrastruktur ( Glasfaser / Kabel), oder den Ausbau der Digitalisierung von Behörden zu forcieren .
Und das hat was genau mit dem Zitat oben zu tun?