Kommentar: Android – Privacywashing durch Google

Die meisten Anwender wären wohl schon froh, hätten sie Android 10 bereits auf ihren Geräten, geschweige den das aktuelle 11. So langsam sickern aber die ersten Funktionen der turnusgemäß dieses Jahr zu erwartenden Version 12 durch.

Herzlich lachen musste ich bei der Ankündigung neuer “Privacy-Funktionen”, die von der Berichterstattung gleich mal in die Nähe der Funktionen von iOS gerückt wurden. Konkret geht es wohl um Indikatoren, die anzeigen, ob eine App gerade auf Kamera oder Mikrofont zugreift.

Es war klar. Nachdem Apple letztes Jahr mit einem umfassenden Tracking-Einwilligungssystem vorgelegt hat, musste Google dringend PR-technisch nachziehen.

Aber natürlich nichts, was dem Umsatz von Alphabet schadet – also nichts, was wirklich gegen Personalisierung, Tracking und Datensammlung mit dem Zweck der Werbungsauslieferung hilft. Nicht umsonst hat Google im Herbst seine iOS-Apps längere Zeit nicht aktualisiert. Vermutlich musste die Rechtsabteilung erst prüfen, wie wenig Transparenz noch erlaubt ist.

Bei dem System, dessen Entwicklung man bestimmt, macht man so etwas natürlich nicht. Aber auch bei Google weiß man: PR ist wichtig. Also macht man etwas, das sich ganz nett in den Ankündigungen liest und Googles Geschäftsmodell überhaupt nicht tangiert. Anders gesagt: Indikatoren für Kamera und Mikrofon-Nutzung. Da fühlen sich die Kunden ganz sicher und es stört niemanden.

Mit Google wird es niemals ein wirklich sicheres (im Sinne von Datenschutz und Privatsphäre) Android geben. Natürlich kann man versuchen, ohne Google zu arbeiten oder ein Custom ROM einzusetzen, aber selbst danach baut das Gerät noch Verbindungen zu Google auf. Jede einzelne tief verankerte Verbindung zu Google zu kappen kostet enorm viel Aufwand und kann durch ein Update der ROM auch gleich wieder konterkariert werden. Und wehe, ihr braucht nur eine proprietäre App: Dann seid ihr nahe dran am Vorhof zur Hölle.

Das gilt ebenso für Programme wie Chrome/Chromium oder das in den USA zunehmend populäre Chrome OS. Der Konzern will eure Daten, weil Werbung und Daten inzwischen untrennbar verwoben sind. Alles andere ist nur Mittel zum Zweck. Open Soure darf da freundlicherweise noch den Open Core beisteuern.

Letztlich bleibt da nur die Hoffnung auf wirkliche freie Systeme oder der Griff zu einem iPhone. Natürlich fließen auch da Daten ab und natürlich ist Apple keine Hilfsorganisation mit hehren Zielen. Aber wenigstens eine Firma mit einem Geschäftsmodell jenseits der Personalisierung von Werbung.

Wirklich bedauerlich ist aber nicht die Art, wie Alphabet sein Geld verdient oder wie Android entwickelt wird. Wir leben in einer kapitalistischen Weltordnung und was legal ist, darf gemacht werden. Wirklich bedauerlich ist, wie sehr die Medien immer wieder PR-Meldungen abschreiben. Dazu kann ganz hilfreich sein, sich mal die vielen Abhängigkeiten anzusehen.

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.
  1. Hi,
    ich hatte jetzt Jahrelang Sailfishos und überlege nun auf /e/ (soweit ich gelesen habe mit microg)zu wechseln. Gelten deine Aussagen bezüglich Datenabluff zu Google auch hierfür?
    Danke dir für deine tollen Beiträge
    Thoys

    • Das kommt drauf an wie du /e/ nutzt. Der App Store enthält auch viele proprietäre Apps mit den entsprechenden Trackern.

      Ich wollte mich außerdem immer mal mit microg beschäftigen, habe ich aber noch nicht getan. Mir ist nach dem ersten Drüberschauen noch nicht klar was da wirklich noch an Google abfließt.

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