Nextcloud ist der bisher erfolgreichste Versuch eine selbst gehostete Cloud für Jedermann zur Verfügung zu stellen. Die Entwicklung erfolgt schnell und die Anforderungen an den Server sind minimal. Trotzdem bleibt der Eindruck eines fehlenden Fokus und wenig Liebe zum Detail.
Nextcloud veröffentlich in hoher Frequenz neue Hauptversionen. Alle 6 Monate darf man mit größeren Aktualisierungen rechnen und dazwischen erscheinen regelmäßig Sicherheitsupdates und Fehlerbehebungen. Dabei hat man sich unter dem Schlagwort des Nextcloud Hub schon lange von der ursprünglichen Fokussierung auf Dateisynchronisation gelöst und bietet eine eierlegende Wollmilchsau an. Zumindest ist das intendiert, denn die Qualität der einzelnen Module unterscheidet sich stark.
Ich kann mich da der Darstellung von jdo auf BITblokes anschließen, der am Beispiel der neuen Ende-zu-Ende Verschlüsselung oder auch des Office Pakets zeigt wie holprig diese Funktionen ausgerollt werden. Teilweise gibt es beim Release noch eklatante Fehler, teilweise sind umfangreiche Konfigurationen notwendig. Andere Module wie beispielsweise Nextcloud Talk sind kaum konkurrenzfähig und hinterlassen den Eindruck des NIH-Syndroms.
Normale Updates erfordern oft erhebliche Nacharbeiten. Die Dokumentation ist zwar gut aber ohne einige occ-Befehle in der Konsole kann man kaum eine Instanz über mehrere Jahre betreiben. Das erfordert SSH-Zugriff und Kenntnisse, die nur wenige Privatanwender mitbringen. Hinzu kommt die Notwendigkeit Updates sehr schnell nachzuvollziehen, da nur Unternehmenskunden den oldstable-Pfad nutzen können.
Nextcloud leidet zudem meiner Meinung nach an einem Problem, das viele Open Source Projekte haben. Mir drängt sich da immer das KDE-Projekt als Vergleichsobjekt auf. Dem einzelnen – zumal freiwillig engagierten – Entwickler kann man schlecht vorschreiben, wo er seine Zeit investieren mag. Nach außen entsteht dadurch aber leicht der Eindruck eines wenig zielgerichteten Projekts, bei dem Entwicklungsprioritäten von Außen rätselhaft bleiben und das gemeinsame Ziel undurchsichtig ist. Fehlerbehebungen und Feinschliff sind zudem weniger interessant, als irgendein neues cooles Feature und bleiben oft auf der Strecke.
Von einem pflegeleichten und einfach zu nutzenden Produkt für Privatanwender ist Nextcloud immer noch weit entfernt. Eher wirkt es wie ein Baukasten mit dem Dienstleister oder IT-Abteilungen Kundenwünsche umsetzen können. Ohne semi-professionelle und regelmäßige Wartung lässt sich keine Nextcloud betreiben.
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Einleitungs- und Beitragsbild von Mudassar Iqbal via Pixabay