Kommentar: Regierungspläne zu Hintertüren in der Software

Symbolbild "Überwachung"

Die globale Spionage- und Überwachungsaffäre im Zusammenhang mit den Snowden-Veröffentlichungen hat zu einer verstärkten Verbreitung von starken Verschlüsselungslösungen in allen möglichen Diensten geführt. Die Sicherheitsbehörden äußern daher bereits seit längerem den Wunsch nach einem Zugriff auf diese Daten. Australien hat dies nun umgesetzt.

Australien vollendet damit einen Prozess, der sich auch in vielen anderen westlichen Demokratien beobachten lässt. Alle Bürger sind verdächtig und der Staat darf potenziell alles wissen. Leitendes Personal von Ermittlungsbehörden darf künftig in Australien die Dienstanbieter auffordern die Daten zu übermitteln und ggf. bei der Entschlüsselung behilflich zu sein. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass Australien als erste „westliche“ Demokratie solch radikale Maßnahmen umsetzt, da das Land auch in anderen Bereichen eine eher schwache Bindung an Grund- und Menschenrechte aufweist.

Einige Kommentaren, so z. B. bei Golem oder Wired gehen daher davon aus, dass viele Dienste in Australien künftig nicht mehr verfügbar sein werden. Bei einem vergleichsweise unbedeutenden Markt wie Australien mag das sogar stimmen, da die Unternehmen den potenziellen Umsatz in Australien mit dem weltweiten PR-Desaster abwägen werden und sich in der Konsequenz vermutlich zurückziehen. Doch was ist, wenn bedeutendere Staaten ähnliche Regelungen einführen? Der ehemalige Innenminister Thomas de Maiziére hatte bereits ähnliche Forderungen erhoben. Im wichtigsten Entwicklungsstandort und Absatzmarkt der Welt, Amerika, ist die Debatte darüber ebenfalls seit Jahren im Gange. Googles Dragonfly-Affäre zeigte momentan wie weit Firmen bereit sind zu gehen, wenn ihnen sonst riesige Absatzmärkte verschlossen bleiben.

Hintertüren in Software sind ein Thema, bei dem die digitalen Selbstverteidigungsfähigkeiten des einzelnen Bürgers ihre Grenzen erreichen. Open Source Enthusiasten werden wieder einmal ein ausweichen auf derartige Lösungen empfehlen, aber das wird nicht helfen. Auch Open Source Software ist nicht heimatlos, sondern wird von Organisationen getragen, die eine Heimat haben. Wenn Staaten großflächig Hintertüren durch Gesetze einfordern werden die Open Source-Projekte sich dem nicht entziehen können.

Hier muss man an der Wahlurne Parteien wählen, denen die Grundrechte etwas bedeuten und die nicht alle Bürger unter Generalverdacht stellen. Der politische Konservativismus – der seit Jahren in der westlichen Welt den Ton angibt – fällt damit komplett aus. In den letzten Jahrzehnten haben die Konservativen sich bei entsprechenden Abwägungen immer für eine Verschärfung der Sicherheitsgesetze zu Lasten der Freiheit entschieden. Politischer Konservativismus ist historisch auch ohne Grund- und Freiheitsrechte denkbar, sogar ohne Demokratie – das sollte man nie vergessen.


Bilder:

Einleitungs- und Beitragsbild von mohamed Hassan via Pixabay 

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