Zwischenruf: Illusion von Privatsphäre

Symbolbild "Überwachung"

Im Internet haben viele Menschen das Gefühl anonym zu sein. Niemand sieht einem offensichtlich zu, wie man per Smartphone. Tablet oder herkömmlichen PC durch die Weiten des Netzes surft, Videos anschaut, Kommentare schreibt oder einfach nur Nachrichten konsumiert. Im Alltag läuft man dagegen als Individuum über die Straßen und zeigt sein Gesicht. Man kommt sich dabei deutlich weniger anonym vor.

Dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Sofern man nicht in einem sehr kleinen Dorf lebt, agiert man im öffentlichen Leben weitestgehend anonym. Weder der Kioskverkäufer, noch der Bäcker kennen deinen Namen und deine Adresse, bei einer gewissen normalen Streuung der Einkäufe kennen sie noch nicht mal deine Konsumentenvorlieben – schon gar nicht, wenn es über ihren Verkaufsbereich hinaus geht. Alle weitergehenden Trackingmethoden, die im Einzelhandel durch Bonusprogramme seit Jahren angepriesen werden sind freiwillig und keine Voraussetzung.

Im Internet ist das genaue Gegenteil der Fall. Von jedem Anwender werden automatisiert Daten gesammelt und umfangreiche Nutzerprofile angelegt. Widerspruch ist fast ausnahmslos unmöglich, die Preisgabe von Daten ist sozusagen Grundvoraussetzung der Nutzung. Naturgemäß haben die meisten Shoppingseiten zudem die kompletten Stammdaten um die Waren auch liefern zu können. 

Die Daten bleiben zudem nicht zwingend lokal bei den Anbietern, sondern können weiter verkauft werden. Zudem sind durch Akquisitionen undurchsichtige Konglomerate entstanden, die Daten nahezu beliebig austauschen können. Wer liest schon AGB’s in denen das beschrieben wird? Einige Dienstleister, wie z.B. die großen Werbenetzwerke, agieren gleichsam wie Spinnen im Netz. Ihre Angebote sind auf zahllosen Webseiten eingeboten und ihre Trackingmethoden kommen dadurch seiten- und geräteübergreifend zum Einsatz.

In diesem Szenario hat man noch nicht mal eine Mailadresse angelegt, über diese kommuniziert oder ein privates Adressbuch bei einem Maildienstleister eingepflegt. Geschweige denn einen Terminkalender und eine Aufgabenliste über einen der zahllosen Dienstleister eingerichtet. Dinge, die für viele inzwischen auch schon selbstverständlich sind.

Die Möglichkeiten sind also grenzenlos, die Datenstreuung selbst eines Nutzers mit minimalen Aktivitäten ist erheblich. Wer anonym sein möchte, geht besser vor die Tür, als seinen PC einzuschalten.


Bilder:
Einleitungs- und Beitragsbild von Jan via pixabay

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.

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