FreeNAS oder openmediavault?

NAS Systeme erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Einerseits weil die vorgehaltenen Datenbestände mit zunehmender Digitalisierung ständig wachsen, andererseits weil Notebooks und Desktoprechner durch den Trend hin zur SSD tendenziell weniger Speicherplatz aufweisen, als vor einigen Jahren. Unter den freien Systemen konkurrieren vor allem FreeNAS und openmediavault um die Gunst der Anwender. Doch welches soll man nehmen?

Ein NAS ist etwas vereinfacht ausgedrückt auch nur eine Variante eines Homeservers. Eigentlich benötigt man für einen solchen Netzwerkspeicher also auch kein eigenes Betriebssystem, sondern kann einfach die Linux-Distribution der Wahl nehmen. NFS, SMB oder ein Cloudspeicher lassen sich so ohne Schwierigkeiten einrichten. Man benötigt hier aber einiges Wissen im Linux-Server Bereich oder muss sich dieses aneignen. Außerdem erfolgt die Administration ausschließlich auf der Kommandozeile, da entsprechende grafische Oberflächen fehlen.

Wer also etwas Komfort haben möchte, aber nicht gleich ein fertiges NAS von der Stange erwerben will, greift in der Regel zu einem spezialisierten Betriebssystem. Vor allem FreeNAS und openmediavault haben sich hier in der Vergangenheit einen Namen gemacht. Wo liegen die Vorteile und Nachteile und welches System soll man im Zweifelsfall nehmen?

Beide Systeme wurden bereits vor einiger Zeit vorgestellt:

  1. Ausflug in die BSD-Welt: FreeNAS
  2. openmediavault – NAS/Heimserver für GUI-Liebhaber

FreeNAS

FreeNAS existiert seit 2005 und wird seit 2010 von iXsystems entwickelt. Diese Firma vertreibt Server und Speicherlösungen für den Unternehmenseinsatz, auf denen es FreeNAS einsetzt. Die Ausrichtung auf den professionellen Einsatz bestimmt oft die Entwicklungsrichtung von FreeNAS.

FreeNAS ist eine BSD-Variante und basiert gegenwärtig auf FreeBSD. Dadurch bedingen sich viele Kernfunktionen und Eigenheiten von FreeNAS. Als zentrales Dateisystem kommt das leistungsstarke ZFS zum Einsatz, während die gängigen Linux- und Windows-Dateisysteme wie Ext2-4 oder NTFS zwar lesend und schreibend eingebunden werden können, jedoch nicht als Standard vorgesehen sind.

BSD-Varianten unterscheiden sich in ihrem Aufbau stark von Linux-Distributionen. Ihre Entwicklung und Auslieferung erfolgt als aufeinander abgestimmtes monolithisches Gesamtpaket. FreeNAS bringt daher bereits im Auslieferungszustand zahlreiche Funktionen mit wie SMB/CIFs, FTP, NFS, rsync, iSCCi, AFP usw. usf.

Der sehr große Funktionsumgang und die Verwendung von ZFS setzen eine relativ leistungsstarke Hardware voraus. Das System benötigt beispielsweise mindestens 8 GB Arbeitsspeicher.

Zur Erweiterung des Kernsystems setzt FreeNAS so genannte iocage Jails ein. Das System stammt von FreeBSD und basiert vereinfacht gesagt auf Containern, in denen eine eigene minimale FreeBSD Variante läuft um einen Dienst wie z. B. ownCloud zu betreiben. Je mehr solcher Jails man betreiben möchte, desto umfangreicher der Ressourcenbedarf des Systems.

Die BSD-Basis mag für viele erfahrene Linux-Anwender ungewohnt sein, FreeNAS kompensiert dies aber mit einer ausgezeichneten Dokumentation.

openmediavault

Openmediavault (omv) ist entwicklungsgeschichtliche eine Abspaltung von FreeNAS. Der Hauptenwickler Volker Theile vertrat bei einer Richtungsauseinandersetzung 2009 die Ansicht, dass man anstelle von BSD auf eine Linux-basierte Grundlage wechseln sollte. Nachdem er sich mit dieser Ansicht nicht durchsetzen konnte starte er mit coreNAS ein eigenes Projekt, das heute als openmediavault firmiert.

Openmediavault ist streng genommen kein eigenes System, sondern ein Aufsatz für Debian. Den Debian-Paketquellen wird dazu eine eigene Paketquelle hinzugefügt, über die eine Weboberfläche und einige Plugins verteilt werden.

Während die Linux-Basis eine größere Modularität und – verglichen mit FreeNAS – geringeren Ressourcenbedarf ermöglicht, bringt dieses Entwickungsmodell auch einige Probleme mit sich. Openmediavault hatte in der Vergangenheit immer Probleme mit der Entwicklung von Debian Schritt zu halten. Das gegenwärtig aktuelle openmediavault 4 (Arrakis) erschien erst am 08. Mai 2018, während die Debian-Basisversion 9 bereits seit Juni 2017 zur Verfügung steht. Man steht also bereits seit dem Release von 4.0 vor der Herausforderung schnell die Portierung auf das bereits in den Startlöchern stehende Debian 10 vorzunehmen.

Die Modularität und fehlende gemeinsame Entwicklung von Debian-Basis und openmediavault-Oberfläche sorgen zudem immer wieder für Probleme im Betrieb. Nicht alles lässt sich reibungslos über die Oberfläche einstellen und manchmal ist ein Wechsel auf die Kommandozeile nicht zu vermeiden.

Openmediavault verfügt zudem nur über eine knappe Dokumentation und viele Erweiterungen sind überhaupt nicht dokumentiert. Bei auftretenden Schwierigkeiten steht man dadurch nicht selten vor unlösbaren Problemen.

Fazit

Man sollte sich von der BSD-Basis nicht abschrecken lassen. FreeNAS ist das mächtigere System und durch die integrierte Entwicklung ein deutlich besser aufeinander abgestimmtes System. Der Preis ist der relativ hohe Ressourcenbedarf, weshalb insbesondere schwache Heimserversysteme oftmals nur openmediavault als NAS zulassen.

Die Lernkurve für BSD-Anfänger ist zudem anfänglich sehr steil. Viele liebgewonnene Funktionen und Befehle von Linux funktionieren eben nicht oder nicht exakt gleich. Ähnlich wie beim Wechsel von Windows zu Linux auf dem Desktop, muss man sich also auf das neue System einlassen.


Bilder:
Einleitungs- und Beitragsbild von qimono via pixabay

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.

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