Google Chrome ist der Browser mit den größten Marktanteilen weltweit. Seit der initialen Veröffentlichung im Herbst 2008 hat der Browser einen rasanten Aufstieg vollzogen und die proprietäre und quelloffenen Konkurrenz gleichermaßen auf die Ränge verwiesen. Der Browser kostet seine Anwender nichts und steht auf allen Betriebssystemen zur Verfügung. Dieser Tage offenbart sich warum das Investment dennoch sinnvoll für Google war.
Chrome ist eine gewaltige Erfolgsgeschichte für Google. Seit der Veröffentlichung hat der Browser den Markt komplett umgekrempelt. Opera, Internet Explorer, Microsoft Edge – alle sind sie gestorben oder als Abklatsch auf Chrome-Basis wiedergekehrt. Geschickt hat man zudem die Open Source Community um den Finger gewickelt und sich in den unter Linux wichtigen Toolkits GTK und Qt festgesetzt, die ebenfalls Bibliotheken für WebKit/Chromium bereitstellen. Aktuell widerstehen nur zwei Alternativen: Firefox von Mozilla und Safari von Apple. Firefox kämpft dabei mit stetig sinkenden Marktanteilen, während Apple durch das eigene Ökosystem zumindest im Nischenbereich relevant bleiben wird.
Chrome kostet seine Anwender nichts und bringt Google auch direkt keinerlei Einnahmen. Während Firefox durch die Mozilla Foundation finanziert wird und Apple durch Hardwareverkäufe die Softwarentwicklung finanziert ist Chrome für Google kein Geschäft – zumindest auf den ersten Blick.
Eines darf man niemals vergessen. Im Grunde genommen ist Google ausgehend von seiner Einnahmenstruktur kein IT-Konzern, sondern eine Werbefirma. Die Google-Mutter Alphabet verdient ihr Geld hauptsächlich mit Werbung. Der Anteil liegt seit längerem konstant bei über 80%. Man möchte zwar die Einnahmenstruktur zukünftig diversifizieren aber momentan ist Google ziemlich abhängig von Werbeeinnahmen.
Werbung im Internet ist ein dategetriebenes Geschäft. Je mehr man über die Kunden weiß, desto zielgerichteter kann man ihn mit Werbung versorgen. Viele der Datenschutz-Skandale in den letzten Jahren wie das ausufernde Tracking im Internet, Standorterhebung über Bluetooth (siehe: Android – Keine sichere Alternative Teil II – Standortdaten über Bluetooth) etc. pp. haben ihren Ursprung im Gedanken Werbeeinahmen zu steigern. Schon alleine aus diesem Grund ist es attraktiv die Software zu kontrollieren, über die Milliarden Nutzer das Netz aufrufen, immerhin überträgt Chrome zahlreiche Daten an Google.
Ein weiteres Ärgernis für die Werbeindustrie sind die immer effektiveren Werbeblocker, die optional für alle Browser zur Verfügung stehen. Seit Jahren verklagen Verleger und Medienunternehmen daher die Entwickler solcher Blocker. Zumindest für Deutschland urteilte der Bundesgerichtshof 2018 letztinstanzlich, dass diese technischen Hilfsmittel legal sind.
Jüngst wurden nun Überlegungen bei Google bekannt, wie man die eigene Dominanz auf dem Browsermarkt nutzen kann um sich dieser lästigen Umsatzhemmnisse zu entledigen. Man kappt einfach die benötigten APIs und lässt damit faktisch nur noch die inneffektive interne Lösung zu.
Das kommt weder überraschend, noch ist es verwerflich. Google hat viel Geld in einen Browser investiert, stellt diesen kostenlos zur Verfügung und hat damit große Marktanteile erreicht. Ob möglicherweise die Verbreitung durch unlautere Methoden zustande kam, müssen Wettbewerbsbehörden überprüfen, die zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen der EU und Google sind schließlich noch nicht abgeschlossen.
Es wäre aber wünschenswert wenn die zahlreichen mehr oder minder unabhängigen Blogger nicht permanent dem Stockholm-Syndrom erliegen und die IT-Konzerne über den grünen Klee loben würden (siehe auch: Kommentar: Stockholm Syndrom unter Bloggern). Ebenso werden die engen Verbindungen zwischen der vorgeblich so unabhängigen Open Source Szene und Google viel zu wenig thematisiert.
Google/Alphabet sind weder gut noch schlecht, es ist ein börsennotiertes Unternehmen und möchte seine Einnahmen steigern. Es liegt an den Anwendern auf die verbliebenen Alternativen auszuweichen und diese dadurch zu stärken.
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