KDE erschafft eine Alternative zu Kontact – Die Frage ist nur warum?

KDE und ich, das ist eine Hassliebe. Ich ärgere mich über manche Entwicklungen, kann aber trotzdem nicht darauf verzichten. Die Desktopoberfläche Plasma und einige Anwendungen wie Dolphin sind einfach durch nichts zu ersetzen. Ich habe es versucht. Mehrfach. Aber KDE PIM ist eine Katastrophe und diese Katastrophe wird nun verdoppelt. Warum nur?

Vor einigen Jahren habe ich noch gefragt, warum Kubuntu als Standard-Mailclient Thunderbird einführt und damit das homogene KDE-Ökosystem der Distribution bricht. Einige Jahre später bin ich selbst auf Thunderbird umgestiegen. Die Kubuntu-Entwickler hatten also doch recht. Jede Leidensfähigkeit hat ihre Grenzen und für KDE PIM / Kontact ist einfach keine Perspektive in Sicht.

Es gibt gute Gründe, alten PIM-Suites Alternativen an die Seite zu stellen. GNOME hat dies mit Kontakte und Kalender getan. Die Zielgruppe sind Anwender, für die Evolution zu viele Funktionen hat, aber die ihre Kontakte und Termine gerne via DAV über die Geräte hinweg synchronisieren möchte. Es werden unterschiedliche Zielgruppen bedient und das ist sinnvoll.

Als KDE vor einiger Zeit den Kalendar herausbrachte, dachte ich, dass man genau dieses Konzept verfolgen würde. Stattdessen wurde es in den letzten Jahren immer weiter aufgebläht. Erst kamen Kontakte dazu, dann Mails und jetzt heißt das ganze Merkuro. Jetzt, wo das Projekt so aufgebläht ist, kann man in Zukunft die einzelnen Komponenten separat installieren. Woran erinnert uns das? Ach ja, mit Kontact bzw. KAdressBook, KOrganizer und KMail hat das KDE doch schon in einer anderen Variante.

Auch die neue App geht das eigentliche Problem nicht an. Wie Kontact basiert sie auf Akonadi. Ein Produkt aus dem Abstraktionswahn, der KDE um 2010 befallen hat und dem wir legendäre Fehlschläge wie Phonon, Nepomuk & Co. verdanken. Generationen von KDE-Entwicklern haben ihre Energie darauf verschwendet, diese Bug-Hölle zu stabilisieren. Mit dem Ergebnis, dass man zwar irgendwie damit arbeiten kann, aber trotzdem täglich spürbare Fehler hat. Mit neuen Softwareverteilungsmechanismen wie Flatpak stirbt das Konzept eigentlich ohnehin aus.

Mit Merkuro steht den Anwendern eine Alternative zu Kontact zur Verfügung, die genau die gleichen Akonadi-Probleme mit sich herumschleppt wie ihr Gegenstück. Nun tüfteln zu wenige Entwickler an zwei verschiedenen Suiten und die Akonadi-Basis wird mit einem Busfaktor von ~1 gepflegt. Ist es vermessen, nach dem Warum zu fragen? Die Antwort ist wohl, weil ein paar Entwickler Spaß daran hatten und das KDE-Projekt wieder einmal keine Kontrolle hatte. Oder haben KDE-Projekte quasi einen immanenten Zwang zur Featureritis?

Zum Glück entwickelt sich Thunderbird aktuell positiv und Linux-Anwendern bleiben somit eine desktopunabhängige solide E-Mail-Anwendung mit Kontaktverwaltung und Kalenderunterstützung.

Cruiz
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Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.
  1. Ich arbeite sehr gern mit KDE Plasma. Und dennoch habe ich vor sechs oder sieben Jahren beschlossen, für meine Mails und Kalender Thunderbird zu nehmen, weil es mit PIM permanent Probleme gab; genauer: mit Akonadi. Das ist irgendwie Teufelszeug … auch wenn die Optik schöner war.

    • Dolphin kann einfach alles, was ich mir für Dateiverwaltung wünsche. Verschiede Ansichtsmod, Split-View, vollständige anpassbare Seitenleiste, anpassbares Kontextmenü und bestimmt noch einige Sachen, die ich nutze, aber gerade vergesse. Welches Konkurrenzprodukt bietet das?

  2. Akonadi als Ansatz finde ich gut. Nur so ist es möglich mache Ressourcen an einer Stelle zu definieren und halten und mehreren Applikationen zur Verfügung zu stellen. So kann ich z.B. über Mails oder Termine benachrichtigt werden auch wenn die Mail oder Kalender Applikation gerade nicht gestartet ist

  3. Was wenn nicht die eigene Unterhaltung in einer Gruppe von gleichgesinnten Entwicklern sollte die treibende Motivation sein sich in ein derart zeitraubendes Projekt einzureihen? Und wer sollte was kontrollieren? Und wer kontrolliert dich und mich und die anderen KDE/Plasma-Anwender auf die Verwendung eines korrekten KDE-E-Mail-Klienten? Und warum nicht richtig unabhängig vom Desktop, statt Thunderbird das flotte mu/mu4e in Verbindung mit Org? – Ich mach’ nur Spaß 😉

  4. Typischer Meckerbeitrag, aber ich gebe dir leider recht. Reddit ist voll von Benutzern, die sich wundern, warum Kalender-Erinnerungen 5 GB RAM benötigt und niemand hat eine Lösung dafür. Es ist nicht das Erinnerungsmodul, sondern ein falsch beschrifteter Akonadi-Server in der Prozessverwaltung.

    KDE hat sich Trojita einverleibt. Eine großartige Qt basierte IMAP-Alternative, die jetzt aber auch brach liegt und e-Mail ohne Wartung oder Sicherheitsupdates geht leider auch nicht.

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