Es ist eine Meldung aus der Kategorie „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Erneut prüft eine Kommune den Umstieg auf Open Source. Dieses Mal ist es Dortmund. Der Anlauf ist zum Scheitern verurteilt.
Die Open Source Community hat manchmal eine komische Staatsfixierung. Kaum erwägt eine staatliche Institution wie beispielsweise die Polizei Niedersachsen die Abkehr von Open Source schlagen die Wellen hoch. Das Beispiel LiMux ist in seiner gesamten Spannbreite sicherlich ein Paradebeispiel (siehe auch: Kommentar: Das Ende von LiMux – eine Nachbetrachtung). Umgekehrt ist es vielen IT-Medien auch eine Meldung wert wenn eine Stadt wie Dortmund den Einsatz von mehr Open Source prüft. Von Initiativen wie Public Money Public Code mal ganz zu schweigen. Irgendwie glauben viele Aktivisten sie hätten da irgendeinen Anspruch als Steuerzahler, anders kann ich mir das nicht erklären.
Grundsätzlich wäre es natürlich zu begrüßen wenn der Staat sich auf allen Ebenen unabhängig von US-amerikanischen Großkonzernen macht. Man hat schließlich in der Auseinandersetzung zwischen den USA und China gesehen, wie schnell Hard- und Software zum Druckmittel werden können. Hinzu kommen die Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit, die nicht von der Hand zu weisen sind. Wenn sich also der Staat in einer gemeinsamen Aktion von Bund, Ländern und Kommunen aufraffen würde hier eine organisierte Abkehr von proprietären Produkten zu beginnen, wäre das nur zu begrüßen.
Dazu müssten sich aber die verantwortlichen Stellen auch eindeutig positionieren und bekennen was die unmittelbaren Folgen wären: Die Migrationskosten wären immens, die langfristige Entwicklung wäre kostenintensiv und müsste entweder durch den Aufbau von Entwicklungs-Expertise (da tut es kein Administrator auf einer TV-L 9 Stelle) in staatlichen Stellen begleitet werden oder durch den massiven Rückgriff auf externe Dienstleister. Dabei natürlich im besten Fall durch Einbeziehung mittelständischer Unternehmen mit regionalem Bezug. Wenn man einfach die Expertise bei z. B. Red Hat einkauft kommt man schließlich vom Regen in die Traufe. Diese Investionen wären richtig kostenintensiv – sowohl kurz, als auch mittel- und langfristig. Die Umstellung wäre weiterhin mit Schmerzen verbunden, weil viele eingeübte Abläufe aufbrechen würden. Langfristige Synergieeffekte mit anderen Ländern oder der Community sind bestenfalls Wunschdenken, denn kurz- und mittelfristig würde der Staat für sich entwickeln müssen.
All das wurde in Dortmund sicherlich nicht angedacht. Auch wenn das Kostenargument dieses Mal in nicht in den Vordergrund geschoben wird, glaubt nur ein Narr, , dass es angesichts der Haushaltslage der Stadt keine Bedeutung spielt. Aber auch ohne das Kostenargument ist eine Kommune wie Dortmund viel zu klein um hier wirklich etwas zu bewegen. Das größere und finanzstärkere München ist hier kläglich untergegangen und abgesehen von Open Source Scheuklappenträgern glaubt niemand, dass das nur an Microsofts Lobby-Druck lag.
Natürlich können sie in Dortmund gerne prüfen ob nicht hier und dort ein Windows-Server durch Linux ersetzt werden kann oder ob es an der ein oder anderen Stelle auch eine Open Source Anwendung tut. Das ist aber Tagesgeschäft in Firmen und Behörden und sicherlich keine Meldung wert.
Nur eines sollte man hoffen: Dass keiner der Kommentatoren auf den Trollspielwiesen bei Heise und Pro-Linux in irgendeiner Form in beruflicher Verantwortung für irgendetwas steht. Die intellektuellen Tiefschläge, offen zur schau gestellte Ahnungslosigkeit bei gleichzeitiger unfassbarer Überheblichkeit gegenüber normalen Arbeitnehmern im Allgemeinen und dem Öffentlichen Dienst im Speziellen macht einen fassungslos. Ich frage mich immer noch wann die Betreiber dieser Plattformen hier endlich erkennen, dass die Kommentarplattform inzwischen an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten ist und am Ruf des gesamten Mediums zehrt.