Office ist immer noch eine Schwachstelle des Linux-Desktops. Es gibt nur eine leistungsstarke Open Source-Lösung und das ist LibreOffice. Diese kann zwar funktional mit dem Referenzprodukt Microsoft Office mithalten, hat aber erhebliche Schwächen. Neben funktional unzureichenden Nischenlösungen für Calligra Office oder Abiword & Co bietet die Nürnberger Softwareschmiede Softmaker mit ihrer Office-Lösung seit Jahren ein Produkt für Linux, macOS und Windows an.
Warum eine Alternative zu LibreOffice?
Man kann sich fragen, warum man eine Alternative zu LibreOffice braucht – zumal Softmaker Office 2018 sogar kostenpflichtig ist. LibreOffice ist funktional in den meisten Bereichen eine vollwertige Office-Suite, aber es gibt erhebliche Schwächen, die man seit Jahren nicht in den Griff bekommt.
Die ganze Suite ist behäbig und die Integrationselemente in die einzelnen Desktops werden teilweise stiefmütterlich gepflegt. Einzig die Integration in Gtk3-basierte Desktoplösungen ist einigermaßen gelungen. Durch diese Unzulänglichkeiten verhält sich LibreOffice in den meisten Desktops und auch unter Windows und macOS wie ein Fremdkörper.
Weiterhin versucht man sich seit Jahren an einer Neustrukturierung der Bedienelemente. Die überkommenen Werkezugleisten im oberen Bildschirmbereich, die man seinerzeit von Microsoft Office adaptierte, sind bereits seit Jahren unzureichend. Nicht nur, dass sie für Neueinsteiger überhaupt nicht selbsterklärend sind, die wachsende Funktionsvielfalt lassen sie Leisten auch zunehmend überladen erscheinen. Die Problematik von winzigen Icons auf 4k-Monitoren und die ursprüngliche Konzeption für 4:3 Monitore mal beiseite gelassen. Hier kommt man seit Jahren kaum voran. Konzeptionslos bastelte man an den bisherigen Leisten herum, führte eine Seitenleiste ein und übernahm jetzt doch das Ribbon-Konzept von Microsoft Office. Nichts davon ist wirklich ausgereift und gerade der Vergleich mit dem Softmaker-Produkt, die es in einem Versionssprung geschafft haben eine neue Oberfläche durchdacht einzuführen, lässt das geradezu armselig erscheinen.
Hinzu kommt die anhaltende Problematik mit Microsofts OOXML-Dateien. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn Microsoft den OASIS-Standard priorisieren würde. Leider ist das aber unwahrscheinlich und für viele Anwender sind OOXML-Dateien heute immer noch der berufliche und private Alltag. Eine Office-Suite sollte diese hinreichend fehlerfrei verarbeiten können, ansonsten ist kollaboratives Arbeiten fast unmöglich. Fertige Ergebnisse kann man natürlich per PDF o. ä. verschicken. Hier wird seitens LibreOffice immer gerne auf die unzureichende Dokumentation verwiesen. Fakt ist aber das sogar das bescheidene Apple-Produkt OOXML fehlerfreier verarbeiten kann, als LibreOffice (siehe: Limitationen freier Software – OOXML in Libreoffice und Pages).
Softmaker Office 2018
Versionen und Installation
Softmaker Office 2018 steht in unterschiedlichen Lizenzpaketen zur Verfügung. Für Linux stehen die Versionen Standard und Professional zur Verfügung. Standard enthält die Textarbeiterung TextMaker, die Tabellenkalkulation PlanMaker und die Präsentationssoftware Presentations. Hinzu kommen Softmaker Addons für Thunderbird. Die Professional-Edition enthält zusätzlich noch Duden- und Langenscheidt-Wörterbücher.
Preislich schlägt die Standard-Version mit 69,95 € zu Buche, während die Professional-Variante 99,95 € kostet – durchaus vertretbar für eine vollwertige Office-Lösung. Seit 2018 gibt es auch ein Abomodell, genannt Softmaker Office Universal, bei dem man 5 Computer – egal welches Betriebssystem – mit Softmaker Office ausstatten kann. Dies kostet 6,99 € im Monat oder 69,95 € im Jahr. Ich bin ein Gegner solcher Abomodelle, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.
Im Gegensatz zu früheren Versionen steht das Programm sowohl als moderne 64bit-Variante, als auch für 32bit zur Verfügung. Pakete liegen für DEB und RPM vor und lassen sich problemlos über die Paketverwaltung installieren. Unter openSUSE Leap 42.3 waren keine weiteren Abhängigkeiten notwendig.
Einrichtung und Bedienung
Softmaker Office hinterlegt im Menü unter „Büro“ die Programmstarter. Beim ersten Start fragt ein Konfigurationsdialog ab, welche Oberfläche man bevorzugt. Zur Wahl stehen das moderne Ribbon-Layout und die bewährte Werkzeugleistenvariante. Jede Variante steht in mehreren Farbvarianten zur Verfügung. Hell, dunkel und eine Variante mit einer programmspezifischen Konturfarbe.
Für diesen Test hier erfolgte die Wahl für das neue Ribbon-Layout. Anschließend werden noch einige Benutzerdaten für die Metadaten der Dokumente abgefragt. Aus datenschutzgründen ist es hier empfehlenswert möglichst sparsam Daten einzugeben. Bei kollaborativer Arbeitsweise ist jedoch mindestens der Name für den Verarbeitungsverlauf und Notizen notwendig.
Die Oberfläche und die Anordnung der Bedienelemente, sowie die Wahl einer starken konturierenden Farbe erinnern an aktuelle Versionen von Microsoft Office. Dies wirkt aber sehr stimmig umgesetzt und das Programm zeigt sich auch in einer virtuellen Maschine mit knapper Ressourcenzuweisung sehr reaktionsschnell.
Im Gegensatz zu LibreOffice unterstützt SoftMaker Office Tabs für mehrere Dokumente – ein Konzept, das vom Browser bis zum Dateiexplorer inzwischen Standard ist. Das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil und illustriert einmal mehr wie rückständig LibreOffice in vielen Bereichen ist.
Weitere Funktionen wie Rechtsschreibprüfung und ähnliches sind absolut nicht zu beanstanden und werden daher hier nicht weiter betrachtet.
Interoperabilität
Softmaker Office verfügt über eigene Dokumentenformate. Beim ersten Versuch eine Datei zu speichern erfolgt eine Abfrage ob standardmäßig in diesen Formaten oder in Microsofts OOXML-Format gespeichert werden soll. Hinsichtlich des Vendor-lock-in sollte man tendenziell von den Softmaker-Formaten abstand nehmen, da diese von keinem anderen Programm unterstützt werden. Softmaker Office kann mit den alten binären Microsoft-Formaten (xls, doc, ppt), den neuen OOXML-Formaten, sowie OASIS-Dokumenten umgehen.
Für einen Test wurde hier ein recht kurzes Dokument mit 25 Seiten gewählt. Es handelt sich um ein mit Microsoft Office 2010 erstelltes Dokumente aus dem Jahr 2012, das seitdem mit keinem anderen Programm bearbeitet wurde – Verzerrungen sind also auszuschließen. Das Dokument beinhaltet übliche Bestandteile wie diverse Absatzvorlagen, manuelle Seiten- und Zeilenumbrüche, Fußnoten, Seitenzahlen ab Seite 3 und Verzeichnisse.
Die Darstellung in Softmaker Office erfolgt absolut originalgetreu. Im direkten Vergleich mit Office 2010 können keine Unterschiede festgestellt werden. Anders sieht das bei LibreOffice aus, das erhebliche Unterschiede aufweist, weshalb sich Absätze und Seiten verschieben. Mit den entsprechenden Folgefehlern für andere Bereiche des Dokuments. Formatvorlagen werden zudem nicht mit den bestehenden Vorlagen von LibreOffice in Übereinstimmung gebracht, sondern neu angelegt. Mit entsprechendem Folgen für Übersicht und Bedienbarkeit. Notiz am Rande: Softmaker Office liefert hier sogar bessere Ergebnisse als Apples Pages, welches aber immer noch deutlich bessere Importergebnisse als LibreOffice aufweist.
Die folgenden beiden Screenshots zeigen die Seite 6 des Dokuments, oben LibreOffice Writer, unten Softmaker Office Textmaker. Der Unterschied ist deutlich zu erkennen. Zeilenverschiebungen führen zu fehlerhaften Fußnoten und verschoben Seiten. Der Vergleich erfolgte bewusst auf einer frühen Seite, da auf späteren Seiten durch Verschiebungen überhaupt kein Vergleich mehr möglich ist.
Noch deutlicher fallen die Unterschiede beim Vergleich von Presentations und Impress aus, allerdings sind die Unzulänglichkeiten von Impress hinreichend bekannt und müssen daher hier nicht ausführlich thematisiert werden.
Je komplexer das Dokument, desto eher fällt der Vergleich noch deutlicher zu Gunsten von Softmaker Office aus. Fairerweise muss man hier aber erwähnen, dass die Importqualität bei LibreOffice von Version zu Version zunimmt. 2025 wird man dann vielleicht Dokumente von 2010 fehlerfrei öffnen können.
Zusammengefasst
Softmaker Office 2018 ist ein stimmiges und ausgereiftes Produkt. Es integriert sich optisch hervorragend in den Linux-Desktop, verwendet die nativen Dateidialoge und weißt mit dem neuen Ribbon-Menü ein durchdachtes – aber natürlich auch von Microsoft übernommenes – Bedienkonzept auf, das konsequent umgesetzt wurde. Die Oberfläche reagiert schnell auf Benutzereingaben, selbst unter schwächeren Systemen. Die Qualität des Dateiimports und -exports ist hervorragend. Kurzum das Produkt ist seinen Preis mehr als Wert.
Einen kleinen Seitenhieb kann ich mir hier nicht verkneifen: Es ist traurig, dass ein Produkt von einer vergleichsweise kleinen Software-Schmiede das große Aushängeschild der Open Source-Welt so deutlich schlägt. LibreOffice scheint sich in seinen zig Baustellen vollkommen verloren zu haben. Für den Privatanwender oder jemanden, der das Privileg hat, ausschließlich OASIS-Formate verarbeiten zu dürften reicht es natürlich immer noch aus.
Bilder:
Einleitungs- und Beitragsbild von 200degrees via pixabay