Im Jahr 2018 veröffentlicht nicht nur Ubuntu seine neue LTS Version (Kubuntu 18.04 LTS – Ein Ausblick), sondern das openSUSE Projekt hat nun ebenfalls die Betaphase für die Version 15 seiner stabiles LTS-Variante „Leap“ eingeleitet. Die nun kommende Version 15 ist erst die zweite Hauptversion des Leap-Zweiges. Die letzte Hauptversion mit der Versionsnummer 42 stammt noch von 2015 (siehe: openSUSE Leap 42.1 im Test).
Leap und Tumbleweed sind die komplementären Veröffentlichungen von openSUSE. Während Tumbleweed als Rolling-Release Distribution konzipiert ist und die fortlaufenden Entwicklungen in der Linux-Communty widerspiegelt, ist Leap auf Stabilität ausgerichtet. Jede Hauptversion von Leap wird ca. 3 Jahre mit Updates versorgt. Die aktuell veröffentlichte Minorversion mindestens 18 Monate lang. Das System von Haupt- und Minorversionen kennt man von anderen Enterprise-Distributionen wie RHEL/CentOS.
Große Veränderungen erfolgen immer nur mit den Hauptversionen, während die Minorversionen lediglich der Produktpflege dienen und selektive Updates einspielen. Leap 42.2 und Leap 42.3 lieferten z.B. KDE Plasma in der LTS-Version 5.8 aus. Lediglich die Programmsammlung KDE Applications erhielt ein Versionsupgrade zwischen den Versionen.
Bedingt durch die Entscheidung der SUSE GmbH die Versionsnummern 13 und 14 für die Enterprise Version zu überspringen nutzt das openSUSE Projekt diese Gelegenheit und harmonisiert die Versionsnummern mit der Basis. Auf Leap 42 folgt daher Leap 15.
Versionen
Basisversionen
OpenSUSE Leap übernimmt, wie auch die Vorgängerversion, einen großen Kernbestand an Paketen von SUSE Linux Enterprise 15. Die neue Version basiert daher auf dem bereits recht abgehangenen Kernel 4.12. Was für die Besitzer brandaktueller Hardware eventuell problematisch ist, dürfte sich für eingefleischte Leap-Anwender als Fortschritt erweisen, immerhin nutzt man bisher noch Kernel 4.4 in Leap 42.3. Hinzu kommen Mesa 17.2, GCC 7 und eine moderne Wayland-Implementierung.
Desktop
Im Desktopbereich hebt man die Version des Standarddesktops auf KDE Plasma 5.12 an, der sich aktuell ebenfalls in der Betaphase befindet und die nächste LTS-Version des KDE Projekts ist. Hinzu kommen GNOME 3.26, MATE 1.18, Xfce 4.12, sowie LXDE und eine Vorschau auf LXQt. OpenSUSE Leap folgt also dem bewährten Prinzip aktuelle Desktopversionen mit einer LTS-Basis zu verknüpfen.
Programme
Das Paket wird komplettiert durch KDE Applications in der aktuellen Version 17.12, LibreOffice 6 und viele weitere Programme. Die Paketquellen sind nicht so umfangreich wie bei Debian und Ubuntu, aber es gammeln durch den Releaseprozes von openSUSE auch deutlich weniger ungepflegte Programmleichen in diesem herum.
Neuerungen
Die Veröffentlichung von openSUSE Leap 15 wird, gemessen an der aktuellen Betaversion, keine umstürzenden Neuerungen enthalten. Abgesehen von den angehobenen Versionsnummern in allen Bereichen gibt es moderate Anpassungen am Design. Manche Upstream-Neuerung wie die neuen KDE Systemeinstellungen hat man sogar standardmäßig abgeschaltet. Unklar ist noch in welchem Umfang Wayland eingesetzt wird. Bei der SLE-Basis hat SUSE sich entschieden standardmäßig auf Wayland umzusteigen. Bei der deutlich größeren Desktopauswahl von openSUSE wäre dies sowieso nur für KDE Plasma und die GNOME Shell möglich. Alle anderen Desktopumgebungen haben noch keine funktionsfähigen Wayland-Implementierungen.
Installationsroutine
Die Installationsroutine folgt den gewohnten SUSE-Richtlinien. Auffällig ist lediglich die neue Routine für die Partitionierung.
Hier hat man die Informationen deutlich reduziert und schafft dadurch mehr Übersichtlichkeit. Zusätzliche Bereiche wie Btrfs-Subvolumes sind beispielsweise standardmäßig ausgeblendet, was die Aufmerksamkeit auf die echten Partitionen lenkt.
Ebenfalls neu ist die Routine für ein „Geführtes Setup“.
In einem ersten Schritt kann man sich sehr leicht für ein verschlüsseltes System entscheiden, was sehr erfreulich ist. OpenSUSE hat es hier schon immer viel leichter gemacht ein vollverschlüsseltes System einzurichten, als z.B. Ubuntu, aber dies ist nochmal ein Fortschritt.
Im nächsten Schritt kann man sich zusätzlich noch für ein Dateisystem entscheiden. Zur Auswahl stehen ext2/3/4, sowie Btrfs und XFS. Letztere beiden sind nach wie vor Standard für die root- und home-Partition.
Programmauswahl
Frühere Versionen von openSUSE zeichneten sich durch eine teils widersprüchliche Standard-Programmauswahl aus. Teilweise auch unabsichtlich durch zirkuläre Abhängigkeiten der Pakete. Hier hat man deutlich aufgeräumt. Noch immer liefert openSUSE einen sehr umfangreichen Desktop aus. So sind neben den obligatorischen KDE Programmen auch solche wie LibreOffice, GIMP, DigiKam etc. pp. vorausgewählt. Im Unterschied zu Debian oder Ubuntu kann man hier aber in der Installationsroutine bereits viel abwählen, wenn man lieber einen minimalistischen Desktop einrichten möchte.
Doppelungen von Programmen oder gar die Nachinstallation eines anderen Desktops über Abhängigkeiten erfolgen aber nicht mehr.
KDE hat zudem den endgültigen Abschied von KDE SC 4 vollzogen, weshalb die KDE Applications nun durchweg auf Qt 5 und den KDE Frameworks basieren. Etwaige Fehlfunktionen oder Unstimmigkeiten sind somit nun auch behoben.
Fazit
OpenSUSE Leap läuft bereits jetzt sehr stabil und repräsentiert die Upstream-Fortschritte der vergangenen Jahre. Letzte Unstimmigkeiten werden in der Betaphase sicher noch beseitigt. Leap bietet weiterhin einen konventionellen Linux-Desktop ohne ideologischen Überhang wie bei den puristischen KDE oder GNOME-Implementieren, wie sie z.B. KaOS oder Fedora ausliefern.
Trotz der abgehangenen Basis schafft man den Sprung auf zeitgemäße Technologien wie Wayland.
OpenSUSE Leap hat bei mir sowohl als Server, wie auch für Desktopsysteme und virtuellem Maschinen einen festen Platz – Leap 15 wird daran nichts ändern, sondern eher die ein oder andere Migration anstoßen.