Bloggen ohne Zukunft?

Momentan finden in einigen Blogs in meinem RSS-Reader Blogsprints statt. Angesichts der Entwicklungen in den USA entdecken einige ihre Souveränität durch die eigenen Blogs wieder, andere haben sie nie aufgegeben und betonen sie nun erneut. Ich empfinde jedoch das Gegenteil.

Curius war immer ein Spiegel meiner IT-Interessen. Ich habe nicht nur für Reichweite, sondern auch für mich selbst gebloggt. Ich habe hier im Blog eigentlich keine Sache nur gemacht, um darüber schreiben zu können, sondern weil es mich immer interessierte. Viele Beiträge nutze ich heute noch als Spickzettel, wenn ich Systeme aufsetze oder Software konfiguriere. Natürlich interessierte mich aber auch das Feedback und das abstrakte Gefühl, anderen zu helfen und etwas für Privatsphäre und Datenschutz zu tun. Ansonsten könnte ich auch ein internes Notizbuch führen und manche Tests nur für mich selbst durchführen.

Dabei scheint ein Blog als textbasiertes Medium ein Ablaufdatum zu haben. Das ist mir natürlich schon länger klar. Ich nutze kein TikTok und schaue mir YouTube-Tutorials nur an, wenn es um Handwerksarbeiten geht. Aber natürlich konnte man sehen, dass das Internet immer multimedialer wurde und reine Textseiten an Bedeutung verloren.

Die Leser sind so alt wie ich oder älter. Schlicht, weil viele Menschen um die 20 gar nicht mehr richtig lesen können. Medienbombardement, Belohnungstrieb, sinkende Anforderungen in Schule und Studium haben da etwas nachhaltig ins Kippen gebracht. Blogs funktionieren aber als Texte und gute Blogs mit aufeinander verweisende Seiten sind oft so vielschichtig aufgebaut, wie ein kurzes Sachbuch.

Dieses grundsätzliche Problem wird durch KI noch verstärkt. Wenn man ChatGPT & Co. fragen kann oder von Google KI-generierte Antworten direkt angezeigt bekommt, liest niemand mehr einen differenzierten Artikel auf einem Blog oder einer anderen Seite im Internet. Es ist faszinierend zu beobachten, wie sich das Nutzungsverhalten im Internet in den letzten zwei Jahren geändert hat. Blogs und andere redaktionell verfasste Inhalte dienen nur noch als Grundlage für die Generierung von Inhalten. Das soll kein Lamento über KI sein, denn neben den Risiken sind damit auch gewaltige Chancen verbunden. Beruflich erfreue ich mich jeden Tag an den Möglichkeiten, die KI mir nun bietet, um Projekte zu realisieren, die vor 2-3 Jahren undenkbar gewesen wären.

Nur das Internet, wie meine Generation es in ihrer Jugend kennengelernt hat (Aufgebaut hat es eigentlich die Generation davor), geht damit vor die Hunde. Nicht nur liest niemand mehr. Es schreiben auch immer weniger Menschen. Bei meinen Recherchen stoße ich sehr oft auf den ersten zwei bis drei Seiten einer Suchmaschinenanfrage nur auf KI-geschriebene oder KI-übersetzte Seiten mit zweifelhafter Aussagekraft, aber guter SEO-Arbeit. Da beginne ich dann auch lieber einen Dialog mit ChatGPT & Co.

Mir persönlich macht es aber wenig Freude, Futter für eine Maschine zu schreiben. Daher wird es hier wohl eher noch ruhiger werden.

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.
  1. Die Zeiten ändern sich. Wer von den jungen Menschen heute kennt noch das usenet bzw. net news und die entsprechenden newsgroups. Das waren die Vorläufer eines Blog aber eben thematisch organisiert. Ich nutze das immer noch sehr gerne. Allerdings gelten dort strenge Regeln und wer mit HTML daherkommt oder gar eine Email Signatur mit mehr als 2 Zeilen verwendet zieht sich schnell den Zorn der Gemeinde zu. Das Jorgon file solltetst Du auch kennen, wenn Du dort zu Gange bist. Ganz schlimm sind irgendwelche Foren, möglichst noch mit Anmeldung und Tracking. Am WoE habe ich einen SW Entwickler kennengelernt, der noch nicht mal mehr nach etwas googeld sondern gleich nur eine KI befragt. Die technisch wissenschaftliche Welt verarmt natürlich daduch.

  2. Das „Futter“, das hier von Dir geschrieben wird, lesen nicht nur Maschinen sondern auch Menschen, z.B. ich und gewiss noch einige mehr. Und ich teile es auch gern im Fediverse.
    Ich fände es schade, wenn Du Deine Fähigkeiten nicht mehr mit Deinen „echten“ Lesern teilen willst. Bitte schreibe weiter, so wie bisher.
    Ansonsten lässt Du genau die (wenigen Großkonzerne) gewinnen, die wollen, dass kreative Köpfe verstummen, damit am Ende nur ihre „Maschinen“ Einnahmen generieren. Bitte halte mit uns Bloggern dagegen.

  3. Aufhören heißt Kapitulation vor den GROßEN. Die haben dann ihr ZIEL leider erreicht.
    Als echter Leser deiner Seite konnte ich schon so manches Kleinod entdecken und nutzen.
    Schade, wenn dieser Blog verstummt. Bitte mach weiter. Gegen KI hilft nur die ständige Wiederholung des 1. Aprils, jeden Monat, jede Woche, jeden Tag. Das Futter muss verdorben werden.

  4. Nein. Die Zielgruppe wird enger, so würde ich es sagen. Mein Ziehsohn ist 18 und Schulabbrecher.

    Aber er macht gerade eine Ausbildung als Systemadministrator – er liebt Textblogs, weil dort IT-Wissen komprimiert und problemorientiert zu finden ist. Er hat einen Github-Account und feiert sein hyprgelandestes Arch auf dem Rechner neben seinem gebrauchtem MacBook – weil es freaky ist.

    Blogs waren schon immer für ein spezielles Zielpublikum und ja man bekommt Informationen auch woanders her. Ich muss nicht mehr Mitglied im Zimmerpflanzenforum werden, um zu fragen, welche Pflanze das ist. Diese Publikum fällt also aus.

    Und nein, ich gehe nicht mit Faloz mit. „Die haben dann ihr ZIEL leider erreicht“, halte ich für falschen Optimismus. Das Ziel ist bereits übertroffen und auch jeder Beitrag hier fördert die KI.

    Aber die Aufgabe von Blogs ist es dann sicher nicht, anderen Wissen bereit zu stellen – das kann ein Lexikon und somit eine KI erst recht besser, sondern redaktionelle Beiträge zu verfassen, also Meinungen und Ansichten mit diesem Wissen zu verknüpfen und da fängt bei der Auswahl an. Das könne KIs in spätestens 5 Jahren auch und schon heute können sie gelenkt solche Beiträge generieren helfen und dann ist so ein menschengenerierter Beitrag wie ein Musikstück, wo noch Leute an Instrumenten sitzen und ungefiltert selber spielen müssen. Das muss sich nicht zwingend besser anhören aber es wird sicherlich immer ein Publikum dafür geben.

  5. Wie schade!

    Ich genieße deine differenzierten und teils auch meinungsstarken Äußerungen hier sehr.

    Beste Grüße
    Samuel

  6. Ich verstehe die Frustration, als stiller Mitleser habe ich ab und an ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht mehr kommentiere.
    Die Aussage „Mir persönlich macht es aber wenig Freude, Futter für eine Maschine zu schreiben. Daher wird es hier wohl eher noch ruhiger werden.“ hat aber eine Assosition getriggert, die ich dir weiterreichen will:
    Der Blogger Hadmut Danish (Achtung: Inhaltlich ist das eher Gesellschafts- und Politikkritischer Bolg mit IT hintergrund, aber für die Assosiation ist die Einstellung bei diesen Themen nicht relevant) hat in einem Beitrag das umgekehrt geframt:
    https://www.danisch.de/blog/2025/02/05/die-riviera-des-nahen-ostens/
    Zitat „Alle reden immer nur von der Nutzung von KI. Und (menschlichen) Lesern von Blogs. Man sollte aber mal darüber nachdenken, ob KI damit nicht umgekehrt auch ein Verbreitungsweg ist, um Regierungen und Entscheidern Ideen unterzujubeln nahezubringen.

    Ein neuer Aspekt des Bloggens: Die KI-Fütterung.

    Bis war „SEO“ – die Search Engine Optimization – das große Geschäft. Vielleicht wir „AIO“ das noch größere Geschäft, die „Artifical Intelligence Optimization“. Also die Kunst, einen Blogartikel so zu schreiben, dass er möglichst viel Impact und Wirkung auf KI-Systeme hat und in möglichst vielen KI-Auskünften dominant rüberkommt.“

    Ist natürlich am effektivsten, wenn man eher Spartenthemen bebloggt, aber wenn man als Ziel hat, wissen zu vermitteln, kann diese Denkweise gegen Frust helfen.

  7. Die Blog-Kultur hat sich gewandelt und unsere Generation trägt eine gewisse Mitschuld. Ich habe von 2012 bis 2016 meine Artikel im OSBN und dem Planeten der Ubuntuusers geteilt. Die wachsende Anzahl an unangemessenen Kommentaren hatte mich dann dazu bewogen, nicht mehr für die Allgemeinheit, sondern nur noch für mich zu schreiben. Ich habe mich also von diesen teils toxischen Portalen gelöst. Nur so konnte ich persönlich Ruhe finden. Aus meiner Sicht war das damals ein deutliches Zeichen des beginnenden Zerfalls der Community. Die Leser, die es über die Suchmaschinen auf meinen Blog schaffen, sind auf jeden Fall dankbarer für den ein oder anderen Tipp oder Hinweis als die Trolle, die man über die erwähnten Portale anzieht.

  8. ich gebe meinen blog auch auf. der Server läuft noch 4 Wochen und dann war es das. Seit KI sind meine Besucherzahlen extrem zurückgegangen. Der Blog war nie monetarisiert, daher ist es kein finanzielles Problem aber es macht keinen Sinn, die viele Arbeit für „nichts“ zu verschwenden. So wie mir wird es wohl noch vielen weiteren gehen. Die Bot Anfragen von ChatGPT ect. nehmen natürlich extrem zu. Das Internet wird die Blogs schlucken, die eh einen schweren Stand seit ein paar Jahren haben durch Konkurrenz wie Youtube, Tiktok ect.

    Auch die Kritik von vielen gegenüber KI, dass diese sich durch den Verlust der Blogs ect. selbst zerstört halte ich für unbegründet. Es wird immer Content, sei es in Bücher oder sonst was geben. Es ist nur eine Frage der Zeit bis die Videos an der Reihe sind. So ist es leider. Kurzum, ich verstehe jeden der besser früh als spät aus dem blog geschäft aussteigt.

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