iodéOS – Das bessere /e/OS?

In meinem Artikel zu /e/OS wurde ich auf iodéOS aufmerksam gemacht. Dabei handelt es sich um ein Android AftermarketOS mit dem Anspruch, ein besonders gut zu benutzendes Standardsetup auszuliefern.

Was ist iodéOS

iodéOS ist ein Aftermarket-System auf AOSP bzw. LineageOS-Basis. Es ist also ein Android mit Open Source-Software und ohne direkte Anbindung an Google oder proprietäre Google-Apps.

Ähnlich wie bei /e/ positioniert die professionell aufgemachte Webseite iodéOS als Betriebssystem mit Fokus auf Privatsphäre und Ökologie. Letzteres vermutlich wegen der längeren Verwendungsmöglichkeit der Smartphone-Hardware.

iodéOS kann man vorinstalliert mit einem Smartphone erwerben. Neue Smartphones wären das Teracube 2E und das Fairphone 3+. Daneben gibt es sogenannte “refurbished” Smartphones von Samsung und Sony. Im Gegensatz zu /e/ fokussiert man sich hier auf einige wenige Modelle. Besitzt man bereits eines der unterstützten Modelle, kann man iodéOS auch manuell installieren.

System und Ersteinrichtung

Nach dem ersten Start begrüßt den Anwender eine leicht abgewandelte Einrichtungsroutine. Gut gefällt mir hier der direkte Hinweis, dass man auf der Arbeit von LineageOS aufbaut. Solche Credits gehören für mich einfach zum guten Ton und das ist bei /e/ ein großes Manko. Anschließend kann man auswählen, welche der vorausgewählten Apps man installiert haben möchte. Das ist ein schöner Kompromiss aus einem runden Gesamtpaket und der Möglichkeit, das System auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen.

Die App-Auswahl hebt sich deutlich von dem ab, was man z. B. bei LineageOS von Haus aus bekommt. Als Stores stehen F-Droid und Aurora (Play Store Frontend) bereit. F-Droid ist mit der Rechteerweiterung vorinstalliert und kann deshalb automatisch im Hintergrund Aktualisierungen einspielen. Ebenfalls komplett integriert ist microG. Für ein System, das ein möglichst rundes Gesamterlebnis bieten möchte, ist das nachvollziehbar, aber wer es nicht braucht, sollte es bei der Einrichtung deinstallieren, weil man damit letztlich eben doch Google ins System holt.

Optisch bietet das System ein normales AOSP-Erscheinungsbild, wie es bei LineageOS und Android 11 üblich ist.

Es bleibt halt das Problem der Aktualität:

Apps & Dienste

Neben den üblichen AOSP-Apps wie z. B. Dateien, Rechner, Telefon oder Rekorder stehen mit dem iodé Browser (ein Firefox-Fork) auch eigene Anwendungen bereit. Dazu gibt es in F-Droid eine eigene Paketquelle. Hinzu kommen noch Open Source-Apps, die normalerweise nicht Bestandteil von AOSP sind. So liefert man als Tastatur z. B. OpenBoard anstelle des OAPS-Keyboard, QKSMS+ als Nachrichten-App, Carnet als Notizen-App und den PDF Viewer Plus. Der einzige Wermutstropfen: Ähnlich wie bei /e/ greift man auch auf Magic Earth zurück. Eine Entscheidung, die ich nicht ganz verstehe.

Insgesamt ist die App-Auswahl aber gelungen und mir gefällt gut, dass man transparent macht, auf welche Vorarbeiten man aufsetzt und nicht den Eindruck erwecken möchte, dass alles der eigenen Arbeitsleistung entspringt.

Eine Besonderheit ist die App iodé. Diese ist vorinstalliert und kann auf Grund privilegierter Rechte den Netzwerkverkehr zeigen und filtern. Das Ergebnis ist ähnlich wie z. B. bei Blokada, aber ohne die Notwendigkeit, dies über ein simuliertes VPN zu erreichen. Die App macht einen extrem guten Eindruck, hat viele Funktionen und ist übersichtlich. Sie ist vermutlich das größte Alleinstellungsmerkmal von iodéOS.

iodéOS ist hier auf dem Stand 1. Oktober bzw. 5. November. Das ist nicht so katastrophal wie bei /e/OS aber auch nicht perfekt. Der Kernel ist ebenfalls nicht ganz aktuell, denn Samsung liefert dort momentan 4.14.256 für das Galaxy S10 aus.

Was iodéOS gänzlich fehlt ist der Versuch das Google-Ökosystem zu ersetzen, wie /e/ dies mit der eCloud unternimmt.

Zusammengefasst

Insgesamt ist iodéOS aber ein interessantes Projekt. Die vorausgewählten Apps heben sich wohltuend vom AOSP-Einheitsbrei ab und sind gut aufeinander abgestimmt. Der konsequente Rückgriff auf Open Source-Apps und die transparente Darstellung, auf wessen Vorarbeit das Projekt basiert, heben iodéOS von Projekten wie z. B. /e/ ab. Die vorinstallierte App zum Filtern des Netzwerkverkehrs ist sehr sinnvoll und verschafft iodéOS die notwendige Einzigartigkeit im AOSP-Einheitsbrei.

Wer gerne ein bisschen ausprobiert und ein passendes Gerät hat, sollte sich das System mal ansehen. In jedem Fall lohnt es sich iodéOS im Blick zu behalten.

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.
  1. Gut von dieser Option zu wissen. Ich habe nämlich noch ein kompatibles gerät in Nutzung. Zumindest bis das FP4 mit graphenOs als Traumkombination verfügbar ist.

      • Leider. So verstehe ich auch leider die guten Anforderungen von GraphenOs. Deswegen eher eine Traum-, Wunschkombi. Nachhaltigkeit von Hardware mit der Software Nachhaltigkeit (Sicherheit und Datenschutz) zu verbinden, wäre toll. Deswegen schaue ich mir iodéOS genauer für mein Gerät an. ein Schritt in die richtige Richtung von StockRom zu LineageOs zu iodéOS. Also Danke dir für den Artikel und frohe Weihnachten 🙂

    • Meine Einschätzung basiert auf folgenden Faktoren (die auch bei mobilsicher angesprochen werden):

      – Kein Impressum, unklarer Firmensitz (aber vermutlich wenigstens EU)
      – Zahlreiche Verbindungsaufnahmen bei der Nutzung
      – Keine deutschsprachige Datenschutzerklärung
      – Privacy Policy verspricht keine Profilbildung zu betreiben, aber gibt Datenerhebung an. Ergo keine Datensparsamkeit als Grundsatz.
      – Kein Open Source

      Insgesamt komme ich da zu einer anderen Bewertung als mobilsicher.

  2. In Verbindung mit den vielen angebotenen vorinstallierten refurbished Geräten, hört sich das wirklich sehr vielversprechend an.
    Als einen entscheidenden Knackpunkt empfinde ich die Substanz solcher Projekte, oder steht das ebenfalls aus Frankreich stammende System auf tönernen Füßen?

      • Hab mich mal etwas schlau gemacht:
        Es hängt nicht zwingend vom CustomROM ab, ob “seamless updates” (A/B partitioning) funktionieren. LineageOS kann das auch, aber nur bei Geräten, die das unterstützen. Welche das momentan sind, findet man hier: https://github.com/LineageOS/lineage_wiki/search?utf8=%E2%9C%93&q=is_ab_device%3A+true&type=
        Nach einer Anfage bei iodéOS direkt hab ich die Antwort bekommen, dass alle Geräte, für die es iodéOS gibt, seamless updates machen. Allerdings habe ich auch erfahren, dass nur beim Fairphone 3 momentan der Bootloader wieder gelocked sein soll.
        Übrigens iodéOS für Fairphone 4 soll im Februar verfügbar sein.

        • Sehr interessant. Danke für die Recherche bzw. die Information. Komisch, dass sie bei LineageOS die Pixel-Geräte nicht unterstützen. Die Vorgehensweise von GrapheneOS zeigt schließlich, dass diese kompatibel sein müssen.

  3. Leider beim Fairphone 3+ den Sicherheitspatchlevel vom Herbst 2021 trotz Updates..Stand heute:März 2022 – Geprüft auch mit Snoopsnitch.

    • @ Leinux “Geprüft auch mit Snoopsnitch.”

      Läuft Snoopsnitch auf IodeOS ? auf LineageOS und eOS läuft das nicht wegen fehlendem qualcomm diag Treiber….

  4. Ich nutze seit einigen Monaten ein refurbished Samsung Galaxy S10+ mit vorinstalliertem iodé OS und bin sehr zufrieden.
    Die Open-Source-Alternativen zu Google-Diensten funktionieren im Großen und Ganzen sehr gut. Meine Bedürfnisse werden gut abgedeckt.
    Mit der iodé-App kann ich meinen Traffic ausgezeichnet regulieren. So kann ich meine individuelle Balance zwischen Privatsphäre und Funktionalität einstellen.
    Meiner Erfahrung nach funktioniert iodé deutlich besser als /e/, welches allerdings auch eine gute Sache ist.
    Einziger Wehrmutstropfen: Der Akku war dermaßen schwach, dass ich ihn austauschen musste

  5. Recht neu gibt es einen Installer, den man unter ubuntubasierten Systemen herunterladen und ausführen kann. Nur noch verbinden und den Installer grafisch starten – auf dem Smartphone “bootloader unlock” und am Ende “bootloader lock” anklicken – fertig. Sogar ein bisschen einfacher als Graphenes Webinstaller (wo man ja ein-zwei Sachen im Terminal noch machen muss).

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