Als Anwender kann man getrost LTS-Versionen verwenden, denn es gibt keine substanzielle Entwicklung, die man droht zu verpassen. Es gibt nur das Hochzählen von Versionen und die Illusion von Entwicklung durch Changelogs voller Fixes, die Probleme beheben, die man zwei Versionen vorher eingeführt hat.
Übertreibe ich etwas? Sicherlich! Aber nicht so sehr, wie manche Befürworter von Rolling Release-Modellen behaupten würden.
Die Präferenz für LTS-Distributionen ist für langjährige Leser sicher nicht neu. Bereits seit vielen Jahren gibt es auf [Mer]Curius eine Übersichtsseite für geeignete Distributionen und die wesentlichen Gedanken habe ich vor ein paar Monaten schon mal zusammen gestellt.
Die Idee zu diesem Artikel kam mir, als ich vor ein paar Wochen ein paar Kubuntu 18.04 Installationen auf 20.04 aktualisierte. Neuerungen gab es keine merkbaren und das obwohl die KDE-Entwicklung von 2 Jahren in das Release eingeflossen war. Da die Systeme ihre Aufgaben völlig zufriedenstellend erledigen, ist das natürlich kein Problem – nun erledigen sie ihre Aufgaben eben mit 20.04 anstelle 18.04 und vorher 16.04. Doch gab es überhaupt substanzielle Neuerungen in den letzten 10 Jahren, auf die man unmöglich 2-3 Jahre warten konnte?
Die erste Reaktion ist sicherlich: Klar, natürlich gab es die. Es waren so viele Jahre und so viele Releases, da muss sich doch viel substanzielles getan haben. Zumal KDE noch eines der aktiveren Projekte am Linux-Desktop ist und nicht gerade für langfristige Produktpflege steht.
Andererseits wird der Linux-Desktop insgesamt sehr konservativ weiterentwickelt. Das betrifft nicht nur MATE und Xfce, sondern auch GNOME und KDE. Ja, auch diese beiden! Die GNOME Shell war natürlich ein harter Bruch, aber seitdem hat sich kaum noch was getan, auch mit GNOME 40 waren das eher graduelle Veränderungen. Nimmt man die Classic Shell sind die Veränderungen noch überschaubarer. Bei KDE gab es Plasma 4 und Plasma 5 und man hat den Code vermutlich zwei Mal ausgetauscht. Veränderungen? Seht selbst:
Ich habe zu Demonstrationszwecken mal die ISO von Kubuntu 8.04 gestartet und vergleiche hier mit ein paar Screenshots mit Kubuntu 20.04. Dazwischen liegen also gut 12 Entwicklungsjahre. Dabei nicht von den Symbolen und der QtCurve-Optik täuschen lassen. Man könnte ein heutiges Plasma ziemlich leicht wie KDE 3.5 aussehen lassen und umgekehrt.
Optische Entwicklung
Desktop mit Dolphin und Konsole
Systemeinstellungen
Office
Diese Serie ließe sich beliebig fortsetzen, da auch Kontact und andere Programme sich oberflächlich kaum verändert haben. KDE ist hier nur ein Beispiel, man könnte das problemlos auch für GNOME machen. Bei MATE und Xfce müsste man vermutlich nicht mal zwei Images starten, sondern könnte einfach das Wallpaper ändern und behaupten, dass 10 Jahre vergangen sind. Es gibt nur sehr wenige Endanwender-Programme, die so aktiv entwickelt werden, dass man wirklich zwingend jede Veröffentlichung mitnehmen muss. Browser gehören da dazu, aber dafür haben Distributionen schon lange Lösungen gefunden.
Das betrifft aber nicht nur die Optik, sondern auch die Funktionen. Kubuntu 8.04 liefert bereits eine vollständige Programm-Sammlung aus, die eigentlich keine Funktionen vermissen lässt, die man heute bei Kubuntu gewohnt ist. Das muss nicht als Kritik an Kubuntu 20.04 verstanden werden, sondern zeigt einfach wie weit der Linux-Desktop 2008 schon war und warum man damals von dem Vista-Debakel so profitieren konnte. Jedenfalls habe ich in Kubuntu 8.04 nichts gefunden, das mir fundamental fehlen würde. Natürlich kann OpenOffice noch nicht so gut mit OOXML umgehen, wie LibreOffice heute und natürlich kann man mit 8.04 nicht mehr produktiv ins Internet aber das sind die üblichen Anpassungen an moderne Standards.
Einordnung
Sicherlich gab es Veränderungen unter der Haube. Allerdings auch nicht so viel, wie man vielleicht vermuten mag. Denn das ubuntuusers-Wiki weiß für 8.04 schon zu berichten, dass mit PulseAudio und PolicyKit Technologien eingeführt wurden, die uns noch heute begleiten. Drucker laufen mit CUPS, Scanner mit sane. Die Abkehr von HAL stand ebenfalls kurz bevor. Ein Linux von heute funktioniert gar nicht so fundamental anders als 2008. Sogar X11 ist uns bis heute erhalten geblieben, denn Wayland ist immer noch nicht in der Breite angekommen.
Es gibt viele Gründe für diese eher überschaubaren optischen Neuerungen. Das Desktop-Konzept, dem alle Desktop-Betriebssysteme und eben auch alle Desktopumgebungen bei Linux folgen, hat sich seit 1995 nicht mehr substanziell verändert. Das gilt auch für die Funktionen, die wir am Desktop erwarten. Da hat sich nicht nur bei Linux, sondern auch bei Windows und macOS ein gewisser Konsens eingestellt. Die Linux-Community ist zudem besonders konservativ, weshalb man an UI-Richtlinien festhält, die bei Windows und macOS schon lange obsolet sind (siehe LibreOffice), wodurch noch weniger optische Brüche als bei anderen Systemen auftreten.
Viele andere Veränderungen mögen das Entwicklerherz erfreuen, aber ob der Desktop nun auf Qt3, Qt4, Qt5 oder in naher Zukunft Qt6-Toolkit setzt, ist dem Anwender doch herzlich egal. Das gleiche gilt im anderen Lager für Gtk2, Gtk3 oder eben Gtk4. Gleiches gilt für irgendwelche Neuentwicklungen, bei denen der Code dann in Qt Quick oder irgendeiner anderen „Fancy“-Sache neu geschrieben wird. Aus Entwicklersicht mag das klug sein, vielleicht sogar zukunftsweisend oder einfach nur Spaß machen. Als Anwender muss ich konstatieren, dass es für meine Anwendungsfälle nicht so wichtig ist, ob etwas aktuellen Standards entspricht oder nicht – sofern es funktioniert.
Wenn man die Changelogs der großen Softwareprojekte wie KDE mal um solche Veränderungen an der Codebasis, die den Anwender überhaupt nicht interessieren, reduziert und dann noch die Fehlerbehebungen von Bugs heraus nimmt, die durch solche Umbaumaßnahmen eben erst verursacht wurden, sind die Changelogs auch viel kürzer und spiegeln den faktischen Fortschritt. Es gab ihn, er ist auch auf den Screenshots und im Alltag merkbar, er ist aber nicht so groß wie die Zusammenfassung der Ankündigungen glauben macht.
Schlussfolgerungen
Deshalb soll man natürlich auf keinen Fall auf Updates verzichten – schon alleine um der Sicherheit willen. Genau deshalb hat die Linux-Welt die LTS-Distribution hervorgebracht, die Sicherheitsupdates bringen, ohne den Anwender mit neuen Funktionen und ihren Fehlern zu behelligen.
Ich kann aber wirklich nur empfehlen, mal diesen Vergleich mit der präferieren Distribution und der bevorzugten Desktopumgebung zu machen. Ständige Updates erzeugen ein Gefühl von Fortschritt, das sich teilweise von der Realität entkoppelt hat. Wenn KDE Gears mal wieder ein gebündeltes Release veröffentlicht, bedeutet das bei openSUSE Tumbleweed hunderte Paketupdates. Ich lehne mich nicht weit auf dem Fenster, wenn ich behaupte, dass in vielen der dort gebündelten Programme in der Entwicklungsphase bestenfalls 1 oder 2 Commits erfolgten.
Um dieses bisschen Entwicklung mitzunehmen, reichen LTS-Distributionen problemlos aus. Es gibt wirklich keine Notwendigkeit ein rollendes Release zu nutzen und der „Versionitis“ zu verfallen. Rational betrachtet tut sich zwischen den LTS-Versionen viel weniger als manche Ankündigungen glauben machen. Wenn man das Prinzip die letzten Jahre verfolgt hat, ist man von 8.04 über 12.04 zu 14.04 und von 18.04 zu 20.04 gekommen und hat nicht viel verpasst, aber seine Nerven geschont. Schade, dass Kubuntu nur noch 3-Jährige Supportzyklen hat. Für die realen Neuerungen reicht ein Distributions-Upgrade alle 3-5 Jahre völlig aus.
Eines ist jedoch jetzt schon klar: Wenn KDE Plasma 6 in Zukunft kommt, werde ich dem ganzen entspannt von einer LTS mit Plasma 5 zuschauen und andere die Bugs finden lassen, die durch den Wechsel der Basis Einzug gehalten haben. Irgendwann wird dann schon eine produktiv nutzbare LTS mit Plasma 6 kommen. Verpassen tut man da nichts.
Vllt musst Du mal Deine Erwartungshaltung überdenken und vor allem nicht alles in einen Topf werfen. Was hat LibreOffice mit Linux zu tun? Gar nichts? Richtig. „Unter der Haube hat sich nicht so viel geändert wie Du meinen magst“? systemd lässt grüßen. Ich bin jetzt seit 20 Jahren Linux-Nutzer, sowohl Client- als auch Server-Side und für micht ist (subjektiv) vollkommen klar: so gut wie’s heute alles klappt, klappte das früher nich. Irgendein beliebiges Druck/Scann/Bluetoothdevice plug’n’play in Betrieb nehmen? Heute kein Problem. Vielleicht ist das UI am Ende ja für das Gros der User auch schon hinreichend ausentwickelt, haste da mal drüber nachgedacht? Ich kann mich gut entsinnen dass es in den letzten Jahren immer wieder Anläufe gab weniger „konservativ“ weiterzuentwickeln. Das war immer ein Desaster. Wie dem auch sei, Du nutzt diesen Blog hier ja i.d.R. um Dir Deinen Frust von der Seele zu schreiben, das ist auch völlig ok und das bleibt die unbenommen. Aber einfach nur irgendwas aus Prinzip weiterzuentwickeln weil „sich das ja so gehört“ macht auch nicht viel Sinn. Du wärst mit MacOS besser beraten, vielleicht solltest Du das Lager wechseln. Dann bleiben uns auf Dauer auch Deine Rants im Planet erspart.
Welche Erwartungshaltung? Ich habe mit der Entwicklung absolut kein Problem. Hast du den Artikel überhaupt gelesen?
Dieser Blogpost war eher ein freundlicher Hinweis in Richtung der (gefühlt seit Jahren) wachsenden Gemeinde an RR-Fans, die LTS-Varianten sogar in den Foren eben jener LTS-Linuxe schlecht schreiben und auf die tolle Entwicklung verweisen.
Du kannst gerne mal ein Experiment machen. Schreib bei ubuntuusers über ein Problem z. B. im Programme-Unterforum und erwähne, dass du noch Ubuntu 18.04 nutzt und erst zum Supportende aktualisieren möchtest.
„Du kannst gerne mal ein Experiment machen. Schreib bei ubuntuusers über ein Problem z. B. im Programme-Unterforum und erwähne, dass du noch Ubuntu 18.04 nutzt und erst zum Supportende aktualisieren möchtest.“
Schlechtes Beispiel. 😉 Ubuntu 18.04 hat zwar noch Support, aber die wenigsten verwenden keine Pakete aus universe. Vor allem wenn wir hier einen Artikel über Kubuntu haben. Kubuntu 18.04 hat nämlich seit April keinen Support mehr. Und wenn man die Nutzer dann darauf hinweist, dass sie bitte sehr schnell aktualisieren sollten, weil ihr System aus dem Support ist, hat das nichts damit zu tun, dass RR ggf. besser ist, sondern einfach, weil man nicht mit einem „toten“ System herumarbeiten sollte. Du würdest ja auch wahrscheinlich keinem raten, sich doch win Vista zu installieren und damit produktiv (sofern das mit dieser Version eh jemals möglich war 🙂 ) zu arbeiten.
Doch es ist ein sehr gutes Beispiel, weil du genau die Reaktion bringst, die einem auf ubuntuusers entgegen schlägt mit einer abgehangenen LTS. Dabei ist die LTS Ubuntus Hauptprodukt.
Kubuntu 18.04 ist noch nicht so lange aus dem Support, dass hier alle Alarmsirenen schrillen. Die Basis bekommt ja sogar noch Updates. Streng genommen habe ich also erst ein Problem, wenn eine Sicherheitslücke im KDE-Stack auftritt.
Natürlich sollte man langsam über ein Update nachdenken (hab ich ja Ostern auch gemacht) aber man muss das nicht erzwingen. Und der Vergleich mit Windows Vista hinkt völlig, weil das bereits seit vielen Jahren aus dem Support raus ist.
Du sprichst hier genau den Zeitraum an, den ich für die KDE-Entwicklung überblicke und wirklich richtig finde ich die Behauptung „Updates bedeuten keine Entwicklung“ ziemlich falsch. Seitens KDE wurde viel experimentiert. Sofort fallen mir die in meinen Augen wirklich neuen Konzepte wie Aktivitäten sowie Nepomuk und Akonadi ein. Beides Technologien, die wirklich vielversprechend waren und auch mit Updates ausgeliefert wurden, aber leider entweder an der mangelnden Integration der Programme (man würde heute vermutlich eher Apps sagen) scheiterten wie die Aktivitäten (ich fand den Grundgedanken wirklich prima, Programmzustände zu speichern und dann einfach wieder aufzurufen, aber es hat halt nie wirklich funkioniert) oder aber an der Komlexität und den Schnittstellen, wie bei Nepomuk. Das einzige was wirklich stimmt ist die vermutlich recht konservative Nutzermehrheit, da diese neuen Konzepte nie angenommen wurden. Da gibt es aber durchaus ein Henne – Ei – Problem, d.h. nicht vollständig ausentwickelt und funktional -> nicht genutzt -> nicht weiterentwickelt. Die konservative Mehrheit gibt es bei Windows auch (hast du ja vor kurzem erst beschrieben). Bleibt noch MacOS. Ich kann das Softwareseitig nicht beurteilen, da ich nie mit Mac gearbeitet habe. Aber Hardwareseitig traut sich Apple tatsächlich „alte Zöpfe“ abzuschneiden (und produziert damit „aus der ferne beobachtet“ einen Haufen Elektroschrott aus Adaptern und nicht wieder nutzbaren Erweiterungen).
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Natürlich wird bei allen Desktopumgebungen und auch bei KDE Entwicklungsarbeit geleistet. KDE 4/Plasma 4 war ja eine vollständige Neuentwicklung und jede neue Hauptversion des Toolkits verursacht viel Anpassungsarbeit. Würde ich alles nie bestreiten.
Aber nimm mal Akonadi als Beispiel. Mir als Anwender ist doch völlig gleich wie Kontact im Hintergrund meine Mails verwaltet, hauptsache IMAP geht. Ebenso bei der Suche. Strigi, Nepomuk, nun Baloo – Hauptsache ich habe eine Suche.
Die funktionalen (!) Entwicklungssprünge sind nicht so groß, dass ich permanent am Ball bleiben muss. Man kann gut und gerne von einer LTS zur nächsten oder übernächsten Springen ohne viel zu verpassen. Das wollte ich mit dem Extrembeispiel 8.04->20.04 zeigen.
Also dein gesamter Artikel behauptet doch es sei funktional / konzeptionell in den letzten 10 Jahren überhaupt nichts passiert bei KDE und die Entwicklungsarbeit sei nur in die Anpassung der Toolkits geflossen, die für den Nutzer nicht relevant seien. Und ich würde entgegnen, dass diese Behauptung falsch ist.
Bleiben wir bei Nepomuk: Der grundsätzliche Ansatz von Nepomuk und Akonadi ging deutlich über eine einfache Suche hinaus sondern es wurde versucht verschiedenste Quellen und Metadaten einzubeziehen, um so die Qualität der Desktopsuche deutlich zu steigern. Leider ist das ganze gescheitert. Ich glaube das ist der Punkt: Es ist m.E. falsch, dass nichts passiert ist, sondern dass sich die Neuerungen gerade bei Community getriebenen Projekten nicht durchgesetzt haben.
Ich würde soweit zustimmen, dass die großen Zeiten des Experimentierens bei KDE auf dem Desktop seit ca. 5 Jahren vorbei sind. Vielleicht sind die Treiber zu Plasma-Mobile abgewandert?
Gut, dann bewerten wir halt unterschiedlich.
Ich denke die Funktionen von der Benutzung her und da war es immer eine Suchfunktion, da mal gut, mal weniger gut funktionierte.
Alles andere sind Entwicklungen um der Entwicklung willen. Das sei jedem Entwickler zugestanden, aber dann darf ich aus Anwendersicht trotzdem befinden, dass es mir egal ist, ob ich den neuen Unterbau oder die neu geschriebene Anwendung für die gleiche Aufgabe früher oder später bekomme – oder sie vielleicht gar überspringe, weil bei der nächsten LTS schon wieder eine neue Neuentwicklung im Unterbau eingezogen wurde.
Vorab: Ich bin auch ein Freund von LTS-Versionen.
Das Beispiel mit der Optik ist vielleicht etwas schlecht gewählt. Wenn man nur nach der grafischen Oberfläche geht, könnte man statt Win10 genauso gut Win95 verwenden. Die „Neuentwicklungen“, die Sie genannt haben, sind aber (vermutlich) tatsächliche, wenn auch kleine, Verbesserungen.
Was Gerrit meinte oder wie ich den Artikel zumindest verstanden habe, ist die Problematik der Verteilung von teilweise granularen Verbesserungen, welche Ihrem Beispiel nicht Nepomuk selbst, sondern eine neue Version dessen umfassen würde. Gerade bei RRs kommt da einiges zusammen, wenn hunderte Pakete alle zwei Wochen von Version x.y.z.1 auf Version x.y.z.2 samt Abhängigkeiten geupdatet werden. Die Frage stellt sich hier dem Entwickler und dem Anwender eines Pakets, ob es das WIRKLICH braucht oder ob man, bis auf sicherheitskritische Fälle, lieber 1/2 bis maximal 2-3 Jahre zum nächsten Release wartet. Der Entwicklung selbst tut dieser Zyklus wahrscheinlich keinen Abbruch. 5-10 Jahre sind einfach überspitzt formuliert.
@Gerrit: Wir brauchen trotzdem RRs als freiwillige Beta-Tester. Die sind damit glücklich und ich ihnen dankbar 😉
Also mir sprichst du da aus der Seele.
Manchmal muss man eben lesen, was du meinst, und nicht jedes Wort, das du schreibst auf die Waagschale legen.
Grüße
Der Gerrit ist einfach gut darin intuitiv einen Trigger in seine Artikel einzubauen, um die Disskussion am Leben zu halten ^^
Ich glaube fast, dass die Popularität von Rolling-Release-Distributionen in direktem Verhältnis zur „Fear Of Missing Out“ steht. Sofern es nicht wirklich zwingende Gründe gibt, ist man mit einer LTS-Version immer besser beraten. Es ist ein guter Punkt, dass man bei den LTS-Versionen versucht bestmöglich tatsächlich bestehende Bugs zu fixen, während man als Anwender bis zur nächsten LTS-Version eigentlich alle Bugs überspringen darf, die sich vorwiegend durch die Weiterentwicklung einschleichen. Und wenn man selektiv aktuellere Versionen einzelner Software-Komponenten benötigt, dann gibt es inzwischen reichlich Optionen neben dem Selberbauen um diese Komponenten zu aktualisieren. Womit ich den Rolling-Release-Distributionen nicht das Existenzrecht absprechen will. Meinetwegen darf da jede Community distributieren, wie sie lustig ist, solange mir die Freiheit bleibt es nicht benutzen zu müssen.
Habe gerade mal darüber nachgedacht, was für mich persönlich in den letzten Jahren eigentlich die wichtigste funktionale Neuentwicklung in einer Anwendung gewesen ist … Die Einführung von Word Wrap in GNU nano? Vielleicht das verbesserte Auswahlwerkzeug in GIMP? Mehr will mir irgendwie nicht einfallen, was nicht vorher auch schon getan hat, was ich will.
Ich habe den umfangreichen Artikel nicht vollständig gelesen. Probleme können LTS Versionen machen, wenn man damit auf gewisse Versionen festgepinnt ist. Gerade wenn es dann Kontakt zur Außenwelt gibt, braucht es oft leider alle paar Monate ein paar Updates. IMHO betrifft das gerade Multimedia (frameworks, Protokolle, …) oder Clients für Webplattformen (youtube-dl, kodi, …)
„Braucht“ es dir wirklich oder „willst“ du die?
Klar, der Browser muss aktuell sein, weshalb alle LTS-Distributionen Firefox und Chromium aktuell halten. Funktionalität muss auch gewährleistet bleiben, weshalb gute (!) LTS-Distributionen der PSD2-Umstellung aqbanking aktualisiert haben.
Wozu braucht man Updates sonst?
Also ehrlich gesagt laufen vieler meiner Rechner auf RR (Archlinux), weil ich die Updates von Ubuntu leid war, nicht weil ich immer die neuste Version wollte. Anfänglich habe ich die halbjährlichen Versionssprünge von Ubuntu mitgemacht, dann alle zwei Jahre die LTS-Wechsel. Die LTS voll „auszureizen“ war aber kein Thema, weil dann zunehmend Anwenderprogramme in nicht akzeptablen Versionen vorlagen und die Zahl der PPAs anstiegt. Im einigen Bereichen gab es nämlich eine sehr aktive Entwicklung neuer Features. Für mich sind da z.B. Gimp, darktable, ardour etc. interessant. Und bei jedem Versionsupdate dauerte es einige Zeit, bis ich alles wieder von funktionsfähig und korrekt konfiguriert hatte. Wenn man mehrere Rechner im Familien und Arbeitsumfeld verwaltet, war mir das lästig. Seitdem ich hauptsächlich Archlinux verwende komme ich mit den zahlreichen „Mikroupdates“ viel besser klar. Das System von dem ich hier schreibe läuft seit 8 Jahren problemlos.
Wirklich problemlos? Ich darf ja auf einer Hardware seit einigen Monaten mit einem RR-System arbeiten, weil keine LTS gegenwärtig einen Kernel hat, der die Hardware ausreichend gut unterstützt.
Ich kann alleine in den letzten drei Monaten bestimmt 10 nervige Fehler aufzählen, die durch Updates gekommen sind. Vom Kernel bis zur Endanwendersoftware. Momentan wirft der Kernel beim Start z. B. lustige ACPI-Fehler. Bug ist bekannt und gemeldet, aber bis er gefixt wird, darf ich mit erhöhtem Stromverbrauch leben. Beim letzten Upgrade von Akonadi (20.12 auf 21.04) durfte ich alle Konten zurücksetzen und neu einrichten, weil Akonadi bei jedem Start mit einer Fehlermeldung abschmierte. Soll ich weiter machen?
Und das für nahezu nicht existenten Gewinn für mich. Weder werden die für mich besonders nervigen Bugs gefixt (entfernte ICAL-Datei in KOrganizer z.B.), noch kommen wichtige Funktionen hinzu.
So etwas passiert mir bei einer LTS nicht.
Ja, wirklich relativ problemlos. Ich hatte in den acht Jahren vielleicht zweimal ein Updateproblem, das mich am produktiven Arbeiten hinderte. Für solche Fälle habe ich eine zweite Systempartition, auf die ich das funktionierende System alle paar Wochen spiegele un die ich dann sofort starten kann.
Klar wird es manchmal hakelig, wenn z.B. eine neue Gnome-Version rauskommt. Dann sieht schon mal einiges nicht ganz so aus, wie es soll und einige Extension laufen (noch) nicht. Das ist aber i.A. schnell behoben und eben ein kontinuierlicher Prozess, der mir mittlerweile lieber ist als die „Ubuntu-Dist-Upgrade-Orgien“. Ich benutze aber auch meist „gut abgehangene Hardware“ (als Laptop gern Thinkpad).
Das hört sich aber nicht mehr so „probemlos“ an, wie in deinem ersten Kommentar 😉
Sehr guter Artikel! Trifft den Nagel auf den Kopf. Ich habe seit Jahren immer nur die LTS installiert. Sich alle 6 Monate die neueste Version auf die Platte zu schaufeln ist völlig Gagga. Genau wie Distro-Hopping. Der Desktop sieht auf Debian, Arch und Suse genau so aus wie auf Ubuntu. Und diese ganzen Hype Videos auf Youtube „das neueste Ubuntu angetestet!“, ganz ehrlich: was soll sich da noch groß ändern?
Guter Artikel, danke dafür. Ich sehe die Sache so. Die Hauptentwicklung unter Linux findet hauptsächlich am Kernel, IoT und (Web)Servern statt. Der Desktop unter Linux ist eine Nische. Es gibt wenige Anwender und noch weniger Entwickler. Die konservative Haltung der Kommunity, ist meiner Meinung nach eine Schutzreaktion um genau diesen Umstand zu verschleiern. Die Besten Zeiten hat der Linux-Desktop einfach hinter sich.
Einfach LTS nehmen? Das würde ich nicht unbedingt beführworten. Kommt darauf an, was man benötigt und wie gut die Versorgung mit geforderter Software ist. LTS + Flathub wären eine attraktive Kombination. Ansonsten wenn man sehr viel Software einsetzt, wo man sich über jede neuere Version freut, kann auch aktuellere Distribution gewählt werden die sich alle 6 Monate aktualisert. RR überzeugt mich auch nicht. Probiert aber das ist nie lange Problemlos gelaufen.
Hehe. Ich will immer das Neuste und ich will es gestern. Ich bin da zu ungeduldig. Jedenfalls bei allen gui Programmen. Gimp, Nautilus, Gnome…
Lange ging das nur mit Roling Release. Aber seid Flatpak und Snap kann ich auch 6 Monate warten. Denn ich bekomme da ja bereits die neuste Version. Nur das Ubuntu 21.04 Gnome 3.38 benutzt aaahrg. Ich Überlege Ernsthaft auf Fedora um zu steigen. So unterschiedlich sind die Gemüter.
Wenn du wirklich nur mit den Standardprogrammen klarkommst und nichts dazu installierst,dann hast du recht. Aber ab dem Zeitpunkt wo du auch nur ein zusätzliches Programm aus dem Repos installierst, merkst du die gewaltigen Fortschritte.
Als Familienadmin muss ich sagen, dass mit jedem Update etwas neues möglich wurde.
Ob nun syncthing endlich das update bekam, dass mir es ermöglichte es für backup zu nutzen, oder der Moment als ich erstmals ein VPN mit tinc aufbauen konte weil OPEN VPN ein buch mit sieben siegeln war. Oder als Pulse audio es mir ermöglichte über das Netzwerk das Audio mehrerer PC zusammen zu schalten. Oder der Moment wo Wine so gut wurde um die letzten Familienmitglieder zu migrieren. Oder als dann KDE Connect kam.
Für mich muss das Basis-System so austauschbar sein. Am ende kommt es aber auf die dazu installierbare software an.
Und wie oft hast du solche Entwicklungsschritte? Alleine wenn ich mir deine Liste anschaue fallen mir spontan Programme auf, bei denen sich seit Jahren nichts getan (KDE Connect) hat oder die bereits wieder ersetzt werden (PulseAudio -> Pipewire). Was von deinen Programmen kann ich nicht nutzen, wenn ich aktuell auf der LTS 20.04 von Ubuntu sitze?
Die Entwicklung von Software anhand von Screenshots zu bewerten ist schon sehr oberflächlich und auch nichtssagend: das eine Textverarbeitung seit Jahrzehnten ähnlich aussieht, wundert doch wohl niemanden. LTS ja oder nein ist eine Frage, ob man mehr Ruhe oder mehr am Zahn der Zeit bleiben möchte. Wenn niemand aktualisiert aus Angst, es könnte zu Regressionen, kommen, wird auch niemand die Bugs berichten, die in der übernächsten Version wieder behoben werden. Dein Desinteresse an der Entwicklung von Open Source Software solltest du nicht auf andere projizieren. https://get.opensuse.org/ lässt einem nicht umsonst die Wahl zwischen Leap und Tumbleweed. Auch wenn du eine sehr starke Meinung hast, deckst du nicht 100 % der Zielgruppe ab. Halte dich mal ein wenig zurück Gerrit.
„Dein Desinteresse an der Entwicklung von Open Source Software solltest du nicht auf andere projizieren“
Ich glaube Desinteresse kann man mir hier wirklich nicht vorwerfen! Ich stelle eher grundsätzlich infrage, ob diese Entwicklung wirklich so rasant ist, dass man <2 Jahre neue Versionen braucht. Die Screenshots dienten der Illustration, ich habe mich keinesfalls ausschließlich auf diese bezogen. Meinethalben kann natürlich jeder der möchte eine RR-Distribution, mich stört aber die "übergriffige" Mentalität vieler RR-Nutzer in den Diskussionskanälen.
"Auch wenn du eine sehr starke Meinung hast, deckst du nicht 100 % der Zielgruppe ab. Halte dich mal ein wenig zurück Gerrit."
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