Kommentar: Der Siegeszug der smarten Lautsprecher

Symbolbild "Alexa"

Smarte Lautsprecher sind hinsichtlich des Datenschutzes eine unfassbare Katastrophe. Faktisch handelt es sich dabei um eine Wanze, die permanent in den Raum horcht und auf ein Signalwort hin aktiv wird. Bisher gibt es ausschließlich proprietäre Lösungen, weshalb eine transparente Analyse der Funktionen unmöglich ist. Der erzwungene Cloudzugang ist unkontrollierbar.

Hinzu kommt, dass bisher fast alle verbreiteten Lösungen von den größten Datenkraken entwickelt und dann zu Dumpingpreisen auf den Markt geworfen werden – ein Schelm der dahinter anderweitigen Profit vermutet.

Die neuen Lautsprechen waren hier bereits letztes Jahr Thema (siehe: Wanzen für das Wohnzimmer mit Firmen-Branding). Damals konnte man noch hoffen, dass die Geräte sich nicht außerhalb eines kleinen Kreises technischer Enthusiasten verbreiten würden. Die Kampfpreise von Amazon haben jedoch eine erhebliche Verbreitung gefördert und inzwischen integrieren auch immer mehr Anbieter Amazons und Googles Lösungen in ihre Geräte.

Das Ausmaß der Datenschutz-Katastrophe ist eigentlich kaum zu beschreiben. Diese Geräte sind nämlich noch nicht smart, sondern immer noch unfassbar dumm. Das liegt einfach am Stand der KI-Forschung. Kurz gesagt: Fällt das Schlüsselwort, springt das Gerät an. Der Lautsprecher kann durch bestehende technische Einschränkungen nicht unterscheiden, ob er gemeint ist oder eventuell nur über ihn gesprochen wird. Mal abgesehen davon, dass z. B. Alexa in manchen Ländern auch einfach ein gängiger Vorname ist.

Hinzu kommt, dass die Geräte scheinbar mit der heißen Nadel entworfen wurden – oder die dahinter stehenden Firmen Datenschutz und -sicherheit keine besondere Priorität beimessen. Anders kann man die nicht abreißenden Meldungen über ungewollte Datenübertragung nicht interpretieren. So versendet Alexa auch mal Privatgespräche oder die Konkurrenzlösung interpretiert das Signalwort sehr weitläufig.

Die obligatorische Cloudanbindung und massenhafte Datenversand an Herstellerserver ist selbstverständlich. Keine der Lösungen besitzt genug Leistung um die notwendigen KI-Vorgänge auf dem Gerät vorzunehmen.

Im Grunde genommen kann man nur fassungslos sein bei diesen Geräten. Wer sich so etwas freiwillig in die Wohnung stellt scheint jeden Bezug zu Datenschutz verloren zu haben. Als Google vor einigen Jahren mit der Google Glass experimentierte, gab es unzählige Debatten, wo man die Brille tragen darf und wo nicht. Manche Betreiber wollten Leute mit der Brille nicht in ihre Cafés und Kneipen lassen.

Im politischen Diskurs bezeichnete man das permanente Überschreiten roter Linien, als kalkulierten Tabubruch. Nichts anderes machen die großen IT-Giganten: Permanente Missachtung des Datenschutzes und unzählige Debatten, bis die Öffentlichkeit völlig abgestumpft ist und eine Wanze im Wohnzimmer auch noch als technische Errungenschaft feiert.


Bilder:
Einleitungs- und Beitragsbild von HeikoAL via pixaybay

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.

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