Telegram ermöglicht es seinen Nutzern, sich in das eigene Privatsphäre-Verderben zu stürzen und ihre Handynummer aktiv mit beliebigen anderen Nutzern zu teilen. Als Belohnung winkt ein kostenloses Abonnement.
Ich bin schon lange der Meinung, dass die Nutzung von Telegram keine Entscheidung, sondern eine Diagnose ist. Wie dieser unsichere und dubiose Messenger den Ruf erlangen konnte, irgendwie sicher oder datenschutzfreundlich zu sein, wird wohl einmal ein Lehrstück in der Marketingausbildung werden. Über die jüngste Episode dieser unendlichen Geschichte berichtete Der Standard bereits im März. Sie wurde aber in der Folge nur von wenigen IT-Medien aufgegriffen.
Die Zwei-Faktor-Authentifizierung ist ein wichtiges Thema, um das grundsätzlich unsichere Passwortverfahren zu stärken. Doch nicht alle Nutzer setzen dabei auf einen Hardware-Stick oder eine 2FA-App, sondern viele greifen immer noch auf die altmodische Bestätigungs-SMS zurück. Das verursacht Kosten. Viele Unternehmen schränken diese Möglichkeit nach und nach ein. Sehr zum Ärger der Smartphone-Verweigerer. Dabei ist eine Abkehr von der SMS auch aus Sicherheitspersektive sinnvoll, enn Bestätigungscodes per SMS sind kein besonders sicheres Verfahren.
Telegram hatte eine andere Idee. Wer in ausgewählten Ländern seine Handynummer für den Versand solcher SMS zur Verfügung stellte, erhielt ein kostenloses Premium-Abonnement. Das Ganze nennt sich Peer-to-Peer Login Program. Bis zu 150 solcher Nachrichten können dann mit der eigenen Handynummer an Unbekannte verschickt werden. Nachrichten, auf die man auch antworten kann. Telegram selbst sieht sich hier laut Servicebedingungen nicht in der Verantwortung. Man könne Mobilfunknummern schließlich nicht einfach unkenntlich machen. Das gilt auch für etwaige Probleme zwischen Kunde und Mobilfunkprovider. Oder anders gesagt: Telegram trifft für nichts die Schuld und sieht sich in keiner Verantwortung.
Ein seriöser und verantwortungsbewusster Anbieter würde seinen Nutzern ein solches Angebot gar nicht machen.