Derzeit entscheidet sich, ob nach der Selbstzerstörung von X/Twitter die Diskussionen mehrheitlich über eine freie Lösung geführt werden oder ob ein anderes gewinnorientiertes Unternehmen die Lücke füllt. Leider steht sich die Community wieder einmal selbst im Weg. Wir Linuxer kennen das ja schon.
Ich habe heute Vormittag mit großem Gewinn den Artikel „Threads, Bluesky und Mastodon: Die Chance ist jetzt“ von Markus Reuter (@markusreuter@23.social) auf netzpolitik.org gelesen und möchte den gerne empfehlen.
Denn der Markt sortiert sich gerade neu. X/Twitter ist endgültig Geschichte, das kann man wohl sagen. Die Plattform wird sich nicht mehr erholen, sondern weiter in eine extremistische Nische abrutschen. Damit hinterlässt X/Twitter eine Lücke, die andere füllen können. Mastodon hatte zunächst einen guten Start. Die Nutzungszahlen stiegen stark an. Einige Communities (z.B. meine Bibliotheks-Bubble) haben relativ geschlossen gewechselt und sind derzeit auch sehr aktiv. Das Wachstum ist aber vorbei und die letzten Nachzügler kommen nicht, sondern es wandern sogar wieder welche ab. Zuletzt haben aber auch Konzerne wie Meta mit Threads, aber auch finanzkräftige und gut vernetzte Privatpersonen wie Jack Dorsey diese Lücke erkannt und sind mit eigenen Projekten eingestiegen. Derzeit scheint Jack Dorseys Bluesky gute Chancen zu haben, die nächste relevante Plattform zu werden.
Markus Reuter appelliert an die Mastodon-Community, es nicht so weit kommen zu lassen und sieht sie auch in der Pflicht, sich zu öffnen. So mancher eingefleischte Mastodon-User wird sich fragen, wie das gemeint sein kann, denn Mastodon ist technisch so offen wie keine andere Plattform. Nur die Community ist es leider nicht. Dazu gab es in den letzten Monaten viele Artikel und wahrscheinlich hat es jeder neue Mastodon-User schon einmal erlebt. Nach anfänglicher Euphorie kollidieren viele irgendwann mit den ungeschriebenen Gesetzen der Mastodon-Gemeinschaft und diese Kollision kann von manchen als ungemütlich empfunden werden. Besonders ungemütlich wird es, wenn man Funktionen von Twitter lobt oder eine Anbindung an die proprietäre Welt gutheißt (was technisch gar nicht so abwegig wäre). Dabei wird dann schnell deutlich, dass viele Mastodon-User die geschlossenen Grenzen zur bösen Welt schätzen und die geringe Reichweite als Vorteil erleben.
Als langjähriger Linux-Anwender wundert mich die Diskussion überhaupt nicht. Funktionen und technische Rahmenbedingungen sind das eine, etablierte Standards und Umfangsformen das andere. Die besserwisserische, stark männlich und teilweise asozial geprägte Community hat es auch hier geschafft, positive Momente zu torpedieren und Linux seiner Chancen zu berauben. Weil viele Angehörige der Community Neulinge nicht als Chance, sondern als Bedrohung empfunden haben. Auch weil viele sich bis heute dort in ihrem persönlichen Status Quo eingerichtet haben und jede Veränderung ablehnen. Vermutlich auch weil viele sich überlegen fühlen und ihre Überlegenheit bedroht sehen, wenn die Masse das Gleiche benutzt wie sie.
Kurzum, ich habe wenig Hoffnung, dass Mastodon aus seiner Nische herauskommt. Viele Mechanismen dort ähnelt der destruktiven FOSS-Community. Viele der Mechanismen, die dort jetzt wirken, kennen wir aus den Linuxforen zwischen 2008 und 2012 als man die Netbook-Neulinge gezielt vergrault hat. Eine solcherart geprägte Community wird jede Öffnung geschickt verhindern und sich dabei einreden, dass sie es gar nicht tut. Das ist der Teufelskreis in dem sich Linux seit Jahren dreht. Viele nette Menschen können gemeinsam einen Umgangston pflegen, der für Außenstehende überhaupt nicht mehr nett erscheint. Um sich dann natürlich darüber zu beschweren, dass die Masse mal wieder auf der Plattform eines amerikanischen Großkonzerns gelandet ist.
Ich hoffe nur, dass meine Blase nicht abwandert, weil ich dann leider mit wechseln muss. Und eigentlich mag ich Mastodon.
Wort!
Also ich habe Mastodon angeschaut und auch was da so alles dabei ist.
Fuer mich ist das ne Bubble, wo sich Einige ihre eigene Welt zusammenbauen.
Fuer mich ist es leider auch nicht sehr vertrauenserweckend.
Hatte viel Hoffnung, weil das ja so gehyped wird und wurde bitter enttaeuscht.
„Um sich dann darüber zu beschweren, dass die dumme Masse mal wieder auf der Plattform eines amerikanischen Großkonzerns gelandet ist. “
Ist das denn kategorisch groß etwas anderes, als sich dann darüber zu beschweren, dass die überhebliche Mastodon-Maße mal wieder eine weitere Öffnung der Plattform verhindert?
Für konstruktive Wortbeiträge halte ich beides nicht, dass es in beiden Fällen nur verurteilendes Fingerzeigen ohne konstruktive Lösungsvorschläge oder Versucheauf die andere Position einzugehen ist. Das führt dann doch eher zu einer Verhärtung der Fronten als einer Aufweichung dieser.
Gebe ich Dir vollkommen recht.
„Ich hoffe nur, dass meine Blase nicht abwandert, weil ich dann leider mit wechsel muss.“
Reisende soll man nicht aufhalten…
Danke, dass du ein Beispiel für die beschriebene Mentalität lieferst.
„Weil viele Angehörige der Community Neulinge nicht als Chance, sondern als Bedrohung empfinden.“
Ich weiß nicht wie man auf so was kommt, das entspricht überhaupt nicht meiner Beobachtung. Das ist wirklich das letzte was ich in Mastodon erwarten oder besser gesagt bisher erfahren habe.
„Weil viele sich in ihrem persönlichen Status Quo eingerichtet haben und jede Veränderung ablehnen. Weil viele sich überlegen fühlen und ihre Überlegenheit bedroht sehen, wenn die Masse das Gleiche benutzt wie sie.“
Das klingt so unglaublich herablassend und verletzend, dass es mir echt schwer fällt dies als konstruktiven Vorschlag für eine zukünftige Entwicklung zu sehen. Oder geht es nur darum seinen Frust los zu werden, dass manche Mastodon-Nutzer nichts mit Bluesky / Thread zu tun haben wollen?
Dieses angebliche Überlegensheitsgefühl ist doch völlig an den Haaren herbeigezogen. Worin soll denn die Überlegenheit überhaupt bestehen? Und wenn morgen eine große Zahl von Bluesky- oder Thread-Nutzern zu Mastodon wechselt ist das doch positiv. In der Kritik einer Öffnung geht es doch um was ganz anderes, es geht eher um Bluesky und Thread selbst und wer dahinter steht, weniger um die Nutzer.
Diese Leugnung, dass überhaupt ein Problem besteht, kombiniert mit einem unterschwelligen „Dann geh doch zu Windows“ (bitte ersetzen mit Bluesky) kennen wir doch auch aus der Linux-Community. Inklusive des implizten Vorwurfs, dass man doch eh schon innerlich weg wäre bzw. gar nicht zur Plattform passen würde. Ich finde es wirklich faszinierend immer die gleichen Mechanismen wirken.
Sehr lesenswert ist dieser Artikel von Eva Wolfangel: https://www.zeit.de/digital/internet/2023-10/twitter-alternative-mastodon-bluesky
Wow, was du da alles aus meinen Worten herausliest ist schon interessant.
„Diese Leugnung, dass überhaupt ein Problem besteht, …“
Du wirfst mir Leugnen vor, als ob ich bewusst, gegen besseres Wissens etwas abstreite. Aber wie kann ich dir zustimmen, wenn ich deine Erfahrung nicht gemacht habe. „Angst vor Veränderungen, Überlegenheitsgefühl, besserwisserisch, asozial“: Du wirfst mit abwertenden Bezeichnungen nur so um dich. Solche Beschreibung magst du ja vielleicht erfahren haben, mir sind die auf Mastodon so gut wie nicht begegnet, oder sagen wir so, sie sind in der Fülle der Beiträge die ich lese mir nicht als besonders hervorstechendes Merkmal aufgefallen.
„kombiniert mit einem “Dann geh doch zu Windows” (bitte ersetzen mit Bluesky)…“
Mit keinem Wort habe ich dich aufgefordert zu Bluesky zu wechseln. Im Gegenteil, ich bin um jeden froh der bei Mastodon ist. Wieso sagst du sowas?
„Inklusive des implizten Vorwurfs, dass man doch eh schon innerlich weg wäre bzw. gar nicht zur Plattform passen würde. Ich finde es wirklich faszinierend immer die gleichen Mechanismen wirken.“
Nichts von alldem habe ich dir vorgeworfen. Ich empfinde es als sehr unfair mir Dinge zu unterstellen die ich weder gesagt, noch so gemeint habe. Mir scheint du bist unglaublich aufgebracht und fühlst dich bedroht. Das ist wirklich sehr schade. Deine Artikel lese ich im Allgemeinen sehr gerne, aber deine Reaktion hier finde ich sehr befremdlich.
Hast du den Artikel oben, den bei netzpolitik.org und meinen zweiten Link eigentlich in Ruhe gelesen oder nur überflogen? Oder fühlst du dich einfach nur angegriffen und kommentierst deshalb aus dem Stehgreif? Irgendwie habe ich nämlich ganz im Gegenteil den Eindruck, dass du hier irgendetwas herausliest. Ich verstehe z.B. nicht, weshalb du einige Worte aus dem Artikel herausgreifst und dann zusammenhangslos hier zitierst. Kontext ist schon wichtig. Als kleiner Tipp für den Anfang: Ich beschreibe mit einigen der Wörter die Linux-Gemeinschaft und die dort gemachten Erfahrungen. Steht auch oben nicht anders.
Selektiv herausgreifen und dann langartmige Diskussionen zu führen ist übrigens genau eines der Probleme auf Mastodon, die im (übrigens wohlwollenden) ZEIT-Artikel angesprochen werden.
„Hast du den Artikel oben, den bei netzpolitik.org und meinen zweiten Link eigentlich in Ruhe gelesen oder nur überflogen?“
Ja, ich habe beide gelesen und kannte sie schon bevor du den Artikel hier geschrieben hast.
„Oder fühlst du dich einfach nur angegriffen und kommentierst deshalb aus dem Stehgreif?“
In der Tat finde ich deine Antworten als verletzend, aber ich kann damit umgehen.
Mit Stehgreif meinst, du vermutlich, dass ich nicht ausreichend darüber nachdenke bzw. recherchiere.
Auch das finde ich als eine Unterstellung, zumal du mich nicht ausreichend kennst. Ich habe lediglich versucht auf deine Aussagen zu reagieren, das ist nicht das Gleiche wie aus dem „Stehgreif“. kommentieren.
„Irgendwie habe ich nämlich ganz im Gegenteil den Eindruck, dass du hier irgendetwas herausliest. Ich verstehe z.B. nicht, weshalb du einige Worte aus dem Artikel herausgreifst und dann zusammenhangslos hier zitierst. Kontext ist schon wichtig. Als kleiner Tipp für den Anfang: Ich beschreibe mit einigen der Wörter die Linux-Gemeinschaft und die dort gemachten Erfahrungen. Steht auch oben nicht anders.“
Du vergleichst die Linux-Gemeinschaft mit Mastadon (mehrfach) und äußerst die Meinung, das viele Mastodon-Nutzer sich aus Linux-Foren kennen, insofern ist es ja nicht abwegig, dass ich deine Aussagen /Erfahrungen mit der Linux-Community auch auf Mastodon beziehe, sonst hättest du den Vergleich ja nicht gebracht.
Ich persönlich hätte kein Problem damit, wenn alle Bluesky und Thread-Nutzer zu Mastodon wechseln.
Dann wäre auch diese gerade sehr unschöne Diskussion zu Ende.
Es ist genau diese Berufsangegriffenheit, die ich an Mastodon so herausfordernd finde. Der Blogpost oben ist doch total langweilig. Wie kann einen das betroffen machen? Oh hier könnte ich tramatisiert werden. Oh da ist es so verletzend. Oh Triggerwarnung bitte, ich könnte psychische Probleme bekommen. Bitte alles in Watte packen. X ist im Umgangston richtig harter Tobak, keine Frage, und Bluesky kann es auch noch werden, aber bei Mastodon schlägt das Pendel zu weit in die „woke“ Gegenrichtung aus.
Kann dir da nur vollkommen zustimmen.
Will der Artikel vielleicht einfach absichtlich polarisieren / spalten, um aufzufallen?
Ich habe (aus div. Gründen) bei Mastodon mehrere Anläufe mit verschiedenen Accounts unternommen und bin immer freundlich aufgenommen worden. (Wobei es mir teilweise schon *zu* freundlich und manchmal auch *zu* „Heile Welt“ war.) Letztlich liegt nun mein Account wieder seit ein paar Wochen brach, denn ich bin zwar gern und täglich im Internet unterwegs, aber Social Media ist irgendwie nicht mein Ding, ob es nun Twitter, Facebook, Bluesky usw. heißt. Also macht, was ihr wollt, aber schlagt euch bitte nicht die Köpfe ein!
Ja das Willkommen ist zweifelsohne sehr freundlich und ich bin da auch gerne aktiv. Aber mir schallte z.B. schon „Content Warnung“ und „Bildschreibung“ entgegen und wehe man sagt, dass man ein Feature von Twitter vermisst. Damit verschreckt man Leute.
> Aber mir schallte z.B. schon “Content Warnung” und “Bildschreibung” entgegen und wehe man sagt, dass man ein Feature von Twitter vermisst.
Klingt ein bisschen so, als würdest du dich gegen Veränderung wehren, wenn sie dich selbst betreffen, obwohl du genau das den Mastodon-Usern vorwirfst.
(Nebenbei bemerkt: Ich finde der geringe Kontrast zwischen Link- und Hintergrundfarbe erschwert die Lesbarkeit der Links ziemlich.)
Das eine ist, wenn einem so etwas passiert und man dann sein Verhalten anpasst. Das andere ist, wenn man daraus trotzdem die Erkenntnis zieht, dass nicht alle so reagieren werden, sondern dass es einige gibt, die mit solchen Verhaltensweisen Barrieren aufbauen. Ich beschreibe das Phänomen ja nicht zum ersten Mal, sondern die unsichtbaren Mauern wurden im letzten Jahr in vielen Artikeln thematisiert.
Ich nutze zwar persönlich keine sozialen Netzwerke, beobachte aber interessiert die Entwicklung von Mastodon. Mein Eindruck geht hier in eine ähnliche Richtung. Es scheint schon einen gewissen Hang zur Abschottung zu anders Gesinnten zu geben. Ausdruck dessen sind für mich zum Beispiel die teils länglichen Blocklisten auf Instanzebene. Damit einhergehend natürlich die, sich in belehrender Empörung äußernde, moralische Bewertung der Anderen. Ich bewerte das nicht, es spricht auch nichts dagegen sich eine gemütliche Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, nur eine Plattform für alle wird das so nun nicht. Ich sehe persönlich auch keine größere Zukunft für Mastodon.