Kommentar: Google Pay / Apple Pay – Finger weg!

Bisher war Deutschland eine Refugium inmitten des totalen Irrsinns. Bezahlt wird mehrheitlich mit schnödem Bargeld, notfalls mit Girokarte und schlimmstenfalls mit der Kreditkarte, die rein statistisch nicht mal die Hälfte der Deutschen besitzen. Das endet nun, denn nach längerer Verzögerung starten nun auch die Bezahldienste der großen IT-Konzerne in Deutschland.

Google Pay ist bereits an den Start gegangen, Apple kommt voraussichtlich im Herbst. Die Claqueure der Techpresse jubeln bereits dem nächsten großen Datenschutzirrsinn zu.

Es ist unstrittig, dass Bargeld hinsichtlich des Datenschutzes die beste Lösung ist. Die Bank kennt lediglich den Ort und die Höhe des abgehobenen Betrages. Der Verkäufer der Ware hat keinerlei Informationen über seinen Kunden. Bereits das Bezahlen mit Karte verursacht Daten, da die Lastschrift für die Bank Informationen erhält, wo und wann man welchen Betrag ausgegeben hat. Die Verkaufsstelle hat zudem zumindest temporär Zugriff auf Name und Bankdaten.

Schon die „neuen“ Dienstleister wie PayPal sind hier ein Sündenfall. Man muss sich nur die Liste anschauen mit denen PayPal potenziell Daten teilt um zu diesem Schluss zu kommen. Allerdings bot PayPal wenigstens in gewissen Situationen marginale Vorteile. Der Transaktionsschutz bei eBay beispielsweise oder die Tatsache, dass man nicht jedem mehr oder minder seriösen Händler in Fernost die kompletten Bankdaten überlassen muss.

Nun kommen auch die großen Datenkraken in den Markt. Neben all dem was diese bereits jetzt über jeden Einzelnen wissen möchten die Konzerne nun auch noch in das letzte nicht überwachte Refugium vordringen: Das analoge Kaufverhalten. Die Konzerne betonen zwar, dass sie nur die notwendigen Daten erheben (Betrag, Zeitpunkt, Händler), aber das ist schon mehr als sie jetzt haben. Ist der Dienst erst einmal etabliert kann man den Informationsfluss ja auch möglicherweise erweitern.

Angesichts der nicht vorhandenen Vorteile – anstelle meiner Bankkarte, legt man nun sein Handy auf einen Sensor – stellt sich hier wirklich die Frage, weshalb man das nutzen soll. Wie immer gibt es natürlich kaum ein kritisches Kommentar dazu in den Blogs und Techmedien, was allerdings kaum noch verwundert (siehe: Kommentar: Stockholm Syndrom unter Bloggern).

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