Updates sind ein wichtigsten Thema für alle Betriebssysteme. Die Berichterstattungskrone hat hier zur Zeit sicherlich Android, bei dem die Frage ob Gerät xyz ein Upgrade auf die neueste oder eine vorherige Version des Mobilbetriebssystems erhält allgegenwärtig ist. Allerdings sind Updates auch bei herkömmlichen Linux-Distributionen ein schwieriges Thema.
Durch die interne Struktur, bei der alles – vom Kernel bis zum Kartenspiel – aus den gleichen Paketquellen kommt, haben sich zwei gegensätzliche Modelle durchgesetzt. Stabile Distributionen beheben nur (sicherheits-)kritische Fehler – vom Kernel bis zum Kartenspiel (sie sind bei letzterem aber seltener), Distributionen mit einem rollenden Entwicklungsmodell reichen neue Versionen aller Komponenten permanent an den Anwender durch.
Beide Distributionsmodelle können jedoch den Nutzer frustrieren. Manches passiert unabsichtlicht, bei anderem hat der Distributor Mist gebaut. Der Leidtragende ist immer der Nutzer, der sich gerade eigentlich um wichtigeres als sein Betriebssystem kümmern möchte.
Arch Linux – Die kleinen Nachteile des rollenden Systems
Am 23. April, also vor ca. einem Monat, bloggte ich darüber, weshalb Arch Einzug auf einem meiner Geräte gehalten hat. Dafür gab es gute Gründe, unter anderem wollte ich gerne mal KDE Plasma 5 in der freien Wildbahn ausprobieren und nicht nur ab und an in einer virtuellen Maschine starten. Netter Nebeneffekt: Man konnte aktuellen Linux-Technologien mal wieder auf den Puls fühlen. Bei dem Gerät handelte es sich um ein Subnotebook, das primär für Arbeitstätigkeiten abseits des Schreibtisches zum Einsatz kommt. Es läuft also nicht jeden Tag, aber wenn, dann sollte es keine Probleme bereiten.
Das ging auch einige Wochen ganz gut, bis vor ca. 10 Tagen KWallet aktualisiert wurde. Die eingeschlichene Fehler war dann auch noch so fies, sich nicht sofort bemerkbar zu machen, sondern erst nach dem nächsten Systemstart. Der erfolgte erst einige Tage später mit dem Resultat, dass sich die KDE-Brieftasche nicht mehr entsperren lies. Absolut erfreulich, wenn man gerade unterwegs ist und natürlich nicht alle Passwörter auswendig weiß, denn dafür hat man schließlich den digitalen Passwortspeicher.
Der Fehler wurde zwar einige Tage später behoben aber er hat an einem schönen Beispiel (schön weil nicht kritisch, sondern nur nervig), warum rollende Distributionen nichts für mich sind. Es können sich immer Fehler einschleichen und im konkreten Fall fehlt die Zeit um eine (sicherlich mögliche) Lösung zu suchen. Distributionsupgrades sind zwar auch zeitaufwändig, lassen sich aber terminieren und somit einplanen.
Ubuntu – Oder warum nicht jede stabile Distribution besser ist
Leider zeigt Ubuntu, dass stabile Distributionen nicht in jeder Hinsicht überlegen sind. Jedenfalls dann nicht, wenn der Distributor sich nicht um eigene Regeln schert und offensichtlich mit der Wartung mehrerer LTS-Versionen überfordert ist. Der Übeltäter in diesem Fall ist genau so arbeitskritisch wie die digitale Brieftasche, es sich handelt sich nämlich um den Standard-Internetbrowser Firefox. Standard nicht nur im Hauptderivat Ubuntu, sondern z.B. auch bei Kubuntu, MATE, Xubuntu etc.
Bereits seit einiger Zeit bricht Ubuntu hier das stabile Veröffentlichungsprinzip und reicht neue Versionen über die Updates nach. Das liegt im Wesentlichen an den veränderten Entwicklungsprozessen bei Mozilla und wird so von den meisten anderen Distributionen auch gemacht. Für Version 46 bedeutete dies die (längst überfällige) Migration auf Gtk3.
Eine solch signifikante Veränderung wäre eigentlich ein Fall für die neue LTS gewesen. In Xenial wurde zwar noch Version 45 ausgeliefert aber der Release liegt noch nicht lange zurück und die offizielle Upgrade-Empfehlung erfolgt erst mit dem ersten Point-Release. Die Migration von Gtk2 auf Gtk3 wäre also vertretbar gewesen.
Leider möchte man aber wohl den Wartungsaufwand für die drei aktuell gepflegten LTS-Versionen minimieren und hat deshalb auch die Firefox-Versionen Ubuntu 12.04 und 14.04 gegen Gtk3 gebaut.
Da freuen sich die Anwender einer LTS-Versionen. Zumal wenn langjährig getestete Designs von Ubuntu-Derivaten nicht mehr funktionieren, weil diese Versionen eben vor 4, respektive 2 Jahren veröffentlicht wurden.
OpenSUSE – Der Lichtblick des Monats
Im heimischen Distributionspark gibt es zum Glück auch noch openSUSE. Im vorliegenden Fall die bereits etwas abgehangene Version 13.2 aus dem November 2014, die nun mit leichten Kernel-Anpassungen auch auf dem Subnotebook läuft, das zwischenzeitlich Arch beheimaten durfte.
Nicht nur verzichten die openSUSE-Entwickler darauf Firefox plötzlich gegen ein neues Toolkit zu erstellen, sie sind auch Willens Bugreports zu bearbeiten und Fehlerbehebungen an den Endanwender weiterzureichen.
KMail beherrscht bereits seit einiger Zeit die Option Bilder automatisch zu verkleinern. Leider funktionierte sie in KDEPIM 4.14 nicht richtig, der Fehler war im letzten Bugfix-Release der 4er Serie allerdings behoben worden. Dieses hatte sich bis dahin aber noch nicht in openSUSE 13.2 eingefunden. Der Fehler wurde im openSUSE-Bugzilla gemeldet, nach einer kurzen Rückfrage nahm das Update seinen Weg durch die vorgeschriebenen Test-Instanzen und stand einige Zeit später für den Anwender bereit. Wohlgemerkt für eine Distributionsversion, die bei openSUSE eigentlich schon halb aus dem neuen Leap/Tumbleweed-System herausgefallen ist.
Zwischenfazit
Im Ergebnis führte diese Episode zu einer weiteren „Susefizierung“ der heimischen Betriebssysteme-Landschaft. Ich bin kein absoluter Update-Gegner, gut getestete Updates können gerne in stabile Distributionen einfließen. Jedenfalls sofern sie nicht die Kernbereiche aus Desktopumgebung, X.Org und Kernel tangieren.
So kamen openSUSE 13.2-Anwender vor einigen Monaten in den Genus von LibreOffice 5.0, was zum eigentlich enthaltenen 4.3 ein absoluter Fortschritt ist. Solche Updates benötigen jedoch eine funktionsfähige (automatisierte?) Testprozedur. Wenn man das gewährleisten kann oder das Risiko grundsätzlich nicht eingehen will (so wie Debian) ist das vollkommen in Ordnung.
Einen halbgaren Kram wie Ubuntu kann aber kein Anwender gebrauchen. Auf der einen Seite werden wichtige Fehlerbehebungen aus Stabilitätsgründen zurück gehalten, auf der anderen Firefox 46 auf Gtk3-Basis wie ein trojanisches Pferd in das System geschoben.
Bilder:
Einleitungsbild und Beitragsbild von von mohamed Hassan via pixabay