Über Experten und was zwischen den Zeilen steht

Datenschutz, Datensicherheit und Privacy ist ein Themenspektrum, um das sich seit vielen Jahren zahlreiche Experten versammelt haben. Es gibt zahllose Podcasts, Blogs und Kolumnen. Da durchzublicken ist schwer aber nahezu alle lassen sich in drei Oberkategorien eingruppieren.

Das Informationsangebot zu dem Themenspektrum Datenschutz, Datensicherheit und Privacy ist riesig und wächst immer noch. Es gibt bestimmt ein Dutzend gut produzierter Podcasts, zahllose Blogs mit mehr oder weniger hoher Betragsfrequenz. Wie soll man sich in dieser Kakophonie der Meinungen orientieren und die brauchbaren Informationen filtern?

Hilfreich kann es sein die Informationsquelle einer von drei Oberkategorien zuzuordnen:

  1. Juristischer Ansatz
  2. Pädagogische Motivation
  3. Aktivistische Autoren

Im folgenden möchte ich das an drei Beispielen exemplifizieren, wobei die Auswahl ziemlich zufällig ist und ich den jeweiligen Autor bzw. Blog nicht herausheben möchte. Für jede Kategorie gibt es dutzende weitere Beispiele.

1. Juristischer Ansatz

In meinen Wochenrückblicken beziehe ich regelmäßig die Informationen von Dr. Datenschutz mit ein. Die dortigen Informationen sind fundiert und ausgewogen, dienen aber letztlich der Dienstleistungswerbung für die hinter dem Angebot stehende intersoft consulting services AG. Aufgrund der Transparenz dieser Verbindung ist dies unproblematisch.

Die Artikel haben oft einen juristischen Ansatz (da Datenschutz im Grunde ja auch ein rechtliches Thema ist). Bei der Beurteilung von Cookie Bannern konzentriert man sich folglich auf die rechtliche Bewertung der zulässigen Maßnahmen und nicht ob Datenerhebung gut oder schlecht ist. Am Beispiel der Corona-Gästelisten übt man zwar auch Kritik, verweist aber auf die mutmaßliche rechtliche Zulässigkeit der Maßnahmen.

Der juristische Ansatz lässt sich oft auf die Aussage “Datenschutz bedeutet DSGVO-konform” reduzieren.

2. Pädagogische Motivation

Im Podcast der Datenwache gibt Mitch Symalla in mittlerweile 54 Folgen sinnvolle Tipps für mehr Sicherheit und Datenschutz im Alltag als Endverbraucher. Die Folgen sind nahezu zeitlos und wenn man mit den ersten Folgen einsteigt sieht man sehr deutlich den Ansatz. Mitch holt die Menschen genau da ab wo sie sind: Mit unsicheren Geräten und als Nutzer zahlloser problematischer Dienste. Im Grunde genommen braucht man für den Einstieg noch nichts gemacht haben außer ein bisschen Interesse für Privatsphäre zu haben.

Ohne erhobenen Zeigefinder betont er in den Folgen was gute erste Schritte sind und bei welchen Aspekten man noch weiter gehen könnte. Gerne mit der etwas lapidaren Aussage “musst du halt selbst entscheiden“. Durch dieses “pädagogischen Ansatz” stellt er sich auf keinen Sockel und überfährt die Hörer nicht. Denn wenn man jemandem stattdessen ins Gesicht rufen würde “Du hast keine Ahnung” und “Alles was du machst ist doof und muss geändert werden” schmeißt dieser vermutlich eher alles hin, als auch nur einen sinnvollen Schritt zu gehen.

3. Aktivistische Autoren

Jegliche Datensammlung ist gefährlich und ohne Open Source kann kein Vertrauen möglich sein. Mit dieser impliziten Grundhaltung kann man viele Artikel von Mike Kuketz umschreiben. Damit steht er beispielhaft für eine Reihe aktivistischer Autoren, die zumindest unterschwellig einen grundlegenden Wechsel im gesellschaftliche Umgang mit IT und Daten anstreben und durch ihre Artikel einen Beitrag dazu leisten wollen. Das ist nicht falsch und Kuketz ist ein versierter Experte des Gebiets. Seine Analysen haben es schon mehrfach in die Mainstream-Presse geschafft und sind immer wieder lohnenswert zu lesen. 

Die Beiträge haben allerdings oft einen appellierenden Charakter und stellen Praxistauglichkeit im Zweifel hinten an. Nachzulesen z. B. beim Aufruf alle großen IT-Konzerne aus Bildungseinrichtungen zu verbannen. Alles proprietäre wird dabei gerne mal in einen Topf geworfen. So berechtigt seine Kritik an Online Bezahlmethoden beispielsweise ist, zwischen den Datenschutzniveaus von Angeboten wie Sofortüberweisung, PayPal und Apple Pay gibt es durchaus Unterschiede. Das wird nur vollkommen unbeachtet beiseite gewischt und stattdessen Vorkasse, Lastschrift, Rechnung, SEPA oder paydirect empfohlen. Diese sind zwar hinsichtlich des Datenschutzes spitze, nur werden sie selten angeboten. Schon gar nicht ohne Auskunfteienabfrage bei z. B. Rechnungs-Kauf. Dieser Einwand würde wohl begegnet werden mit: AGB’s lesen und notfalls auf Alternativen ausweichen.

Sachlich und fachlich richtig aber hier hat man dann meistens alle Verbraucher jenseits eines Kerns aus Überzeugungstätern verloren. Um solche Informationsangebote schart sich dann meist eher eine Peergroup von “100%tigen”, die weniger auf die Informationen angewiesen sind, als sie dort Selbstbestätigung finden. Man sollte die Informationen daher eher zur Kenntnis nehmen und sie nicht zur alleinigen Richtschnur des eigenen Handelns zu machen.

Zusammengefasst

Trifft man auf Informationen lohnt es sich diese bis dato unbekannte (aber natürlich seriös und korrekt wirkende) Informationsquelle in eine der drei Kategorien einordnen. Meistens weiß man dann schon woran man ist und wie man mit den Informationen umgehen muss. Ich persönlich finde den pädagogischen Ansatz sehr sympathisch und glaube, dass hierdurch am meisten für das gesamtgesellschaftliche Privacy-Bewusstsein getan werden kann. Insbesondere Aktivisten begegne ich mit Skepsis, da diese immer Gefahr laufen in ideologischen Dogmatismus zu verfallen und Schwarz/Weiß Zeichnung zu betreiben. Der juristische Ansatz sollte dabei nie außer Acht gelassen werden, denn nicht jeder moralisch fragwürdige Umgang mit Daten ist gleich illegal. Eine simple Wahrheit, die bei der Beschäftigung mit dem Themenkomplex gerne mal auf der Strecke bleibt.

Etwas bedauerlich ist das Fehlen eines Planeten/Aggregator für Privacy-Themen. Solche Planeten bieten die einzigartige Möglichkeit in einem Themenbereich konträre Meinungen abzubilden und verhindern allzu enge Filterblasen.

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.

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