In einer auf Selbstoptimierung ausgerichteten Gesellschaft gewinnen so genannte Fitness Tracker immer mehr Anhänger. Neben vielen kleinen Firmen haben auch die IT-Giganten diesen Markt für sich entdeckt. Jeder Besitzer eines halbwegs modernen iPhones hat z.B. eine Health-App vorinstalliert, die es dem Einzelnen ermöglicht seine Aktivitäts- und Gesundheitsdaten gezielt zu erfassen und auszuwerten. Hier schlummert ein riesiges Datenpotenziel das Begehrlichkeiten weckt.
Selbstoptimierung ist mehr als nur ein Schlagwort in vielen westlichen, postindustriellen Gesellschaften. Nachdem die Flüsse nicht mehr in allen Farben schimmern und meterhohe Schaumkronen tragen, will man die eigene Gesundheit optimieren. In der smogbelasteten Umwelt des 20. Jahrhunderts wäre das auch ein reichlich unsinniges Verhalten gewesen. Die Staublunge und der kaputte Rücken hätten jeglichen Optimierungstrieb irgendwann ad absurdum geführt. Man optimiert nun nicht mehr nur die Lebensläufe, die Familienplanung, sondern auch die eigene Gesundheit. Schließlich will man die eigene Rente nicht nur irgendwie erreichen, sondern so fit wie möglich und natürlich bis dahin die eigene Karriere nicht durch gesundheitliche Probleme gefährden. Dazu reicht es jedoch nicht Sport zu treiben und auf die eigene Gesundheit zu achten. In Zeiten von sozialen Netzwerken muss man auch jedem mitteilen wie viel Sport man getrieben hat und wie erfolgreich man ist. Da ein Selfie beim joggen wenig aussagekräftig ist, müssen visualisierbare Daten her und Laufrouten bei Facebook & Co veröffentlicht werden.
Hierbei fallen Unmengen an Daten an, die einen der intimsten Bereiche überhaupt betreffen: Die eigene Gesundheit. Nebenbei natürlich – je nach Dienst – auch noch genaues Standorttracking, Protokolle der eigenen Aktivität etc. pp.
Was jetzt eventuell angesagt sein mag und der eigenen Selbstdarstellung dient, kann sich allerdings auch schnell gegen einen wenden. Nicht jeder Mensch hat das Glück den Lebensabend bei perfekter Gesundheit zu erreichen. Viele werden im Laufe der Zeit die ein oder andere schwere – eventuell auch chronische – Krankheit ausprägen. Dies sollte man bedenken, wenn man im Hochgefühl der eigenen sportlichen Leistungsfähigkeit Daten sammelt und in die Welt hinaus posaunt.
Denn die Daten bleiben nicht auf dem Fitnessarmband oder Smartphone gespeichert. Viele Dienste bieten eine cloudbasierte Synchronisation, wobei die Daten selbstverständlich über den halben Erdball verteilt werden. Man sollte bedenken, dass Daten, die einmal in der Welt sind, sich nicht mehr zurückholen lassen und jede Verschlüsselung kann irgendwann gebrochen werden. Langfristig kann niemand garantieren, dass nicht eine Verknüpfung mit anderen bestehenden personenbezogenen Datensätzen erfolgt.
Neben diesen recht abstrakten Gefahren, die jedem cloudbasierten Dienst zu eigenen sind, wecken die Daten Begehrlichkeiten in der milliardenschweren Gesundheitsindustrie. In Zeiten horrender Gesundheitsausgaben ist es z.B. für die Krankenkassen attraktiv diejenigen Versicherten zu belohen, die aktiv auf ihre Gesundheit achten und dies mittels eines Fitnesstrackers auch nachweisen können. Doch wie weit ist der Weg von einer Belohnung der sportlich aktiven Versicherten, hin zu einer Betrafung derjenigen, die sich der permanenten Überwachung des Einzelnen verweigern?
Wer auch hier behauptet, nichts zu verbergen zu haben, sollte sich fragen, weshalb es die Verschwiegenheitspflicht für Ärzte gibt.
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Einleitungs- und Beitragsbild von mcmurryjulie via pixabay