Abo-Modelle bei Software – Wann gerechtfertigt?

In den letzten Jahren kann man bei allen Plattformen den Trend weg von klassischen Lifetime-Lizenzen hin zu Abonnement-Modellen bei kommerzieller Software beobachten. Sieht man sich die Kunden-Reaktionen an ist das Modell ausgesprochen unpopulär, trotzdem setzt es sich mehr und mehr durch. Doch wann ist es gerechtfertigt?

Ausgerechnet der Open Source Bereich war hier Vorreiter. Freier Software fehlt bis heute durchweg ein Geschäftsmodell um die Entwicklung zu kommerzialisieren. Mit einer Ausnahme: Subscription-Verträge. Wenn man freie Software kommerzialisieren wollte blieb eigentlich nur der Supportvertrag um Geld zu verdienen. Die einzige Form mit der man Distributionen wie beispielsweise SLED oder RHEL erwerben kann ist daher der mehrjährige Subscriptions-Vertrag.

Ich persönlich habe solche Abonnements bisher gemieden, musste mich aber nun damit beschäftigen, da mit Enpass (siehe: Enpass – Ein Passwortmanager für alle Systeme & Enpass – Kleines Update mit nützlicher Funktion) ein ziemlich populärer plattformübergreifender Passwortmanager für Neukunden zum Abo-Modell wechselt.

Für Firmen liegen die Vorteile auf der Hand: Abonnements versprechen planbare Einnahmen ohne Bindung an Produktzyklen. Es kann aber nicht Aufgabe des Endanwenders sein die Unfähigkeit vieler Startups zur betriebswirtschaftlichen Kalkulation auszugleichen. Auch mit regulären Produktzyklen und Lifetime-Lizenzen für Versionen lässt sich kalkulieren. Wann macht ein Abonnement eigentlich Sinn für Endanwender bzw. ist so nachvollziehbar, dass man es unterstützen muss?

Die erste Variante ist das Microsoft Office-Modell. Der Einfachheit benannt nach einem ihrer wegweisenden Vertreter. Ein ehedem in normalen Produktzyklen (Neue Version alle zwei Jahre, gefolgt von einem mehrjähriger Supportzeitraum) erscheinende Software wechselt auf ein Abonnementsystem. Am Beispiel von MS Office kann man sehr einfach zeigen, dass hier der Kunde draufzahlt. Für eine normale Lizenz zahlte der Privatkunde ca. 120 €. Die Produktvarianten für Geschäftskunden sind theoretisch teurer, allerdings gab es hier viele Rabatte, Volumenlizenzen etc. weshalb sich das nicht so pauschal sagen lässt. Aus meinen Erfahrungen heraus kann ich lediglich sagen, dass Einzelplatz-Lizenzen weniger kosteten. Das Produkt ließ sich dann bis zu 10 Jahre lang nutzen (Office 2010 fällt im kommenden Januar aus dem Support). Bei den gegenwärtigen Abo-Preisen für Office 365 bedeutet das für den Kunden also erhebliche Mehrkosten, selbst wenn man die Rabatt-Aktionen für Office 365 berücksichtigt. Natürlich argumentiert Microsoft mit den neuen Funktionen und so mancher unkritische Kunde übernimmt diese Argumente aber wenn diese neuen Funktionen so unverzichtbar waren, weshalb setzen dann noch so viele Firmen auf alte Office-Versionen? Gerade also jene Einsatzorte, in denen Excel, Word und Powerpoint bis zum Exzess ausgenutzt werden?

Die zweite Variante ähnelt der ersten, ist jedoch noch ungünstiger für den Kunden. Microsoft brachte immerhin ca. alle zwei Jahre eine neue Version heraus, wovon der Kunde mit Abo-Vertrag nun theoretisch profitiert. Andere Firmen haben deutlich behäbigere Produktzyklen. Ein eher kleines Beispiel ist hier der FTP Client Transmit für macOS. Die Einzelplatz-Variante kostet $ 45 für eine Hauptversion. Transmit 4 erschien 2010, die Nachfolgeversion Transmit 5 erst 2017. Im Abo-Modell verlangen die Entwickler nun 25,99 € pro Jahr. Das ist für den Kunden unter absolut keinen denkbaren Bedingungen wirtschaftlich sinnvoll.

Die dritte Variante bezieht sich auf jene Produkte wie z. B. die Virtualisierungslösungen von VMware oder Banking-Programme (siehe: Onlinebanking – HBCI/FinTS einfordern). Es gibt zwar reguläre Releases mit Produktzyklen, aber aufgrund des sehr wartungsaufwändigen Umfeldes (zum Beispiel ständig neue Versionen von Host- und Gastsystemen und erforderlichen Anpassungen oder ständig neues regulatorisches Marktumfeld) müssen die Kunden fast jedes Jahr eine neue Version erwerben. Hier entwerteten sich die regulären Lifetime-Lizenzen derart schnell, dass das bisherige Modell einem Abo-System schon sehr nahe kam. Für den Kunden ändert sich also kaum etwas, eventuell spart er sogar wirklich ein wenig Geld.

Die vierte Variante koppelt das Produkt an eine kontinuierlich erbrachte Dienstleistung wie z. B. Cloud-Speicher. Das machen inzwischen relativ viele kommerzielle Produkte, die eine Synchronisations-Funktion über die Cloud integrieren. Diese kontinuierlich erbrachte Dienstleistung muss natürlich bezahlt werden weshalb das Abonnement für die Software die Miete für die Dienstleistung einschließt. In diese Kategorie fallen auch die meisten kommerziellen Open Source Produkte, da hier die Weitergabe der Software mit einem Dienstleistungsvertrag über Wartung und Support kombiniert wird.

Abonnement-Systeme lohnen sich (bzw. sind zumindest nachvollziehbar) für den Kunden nur bei den Varianten 3 und 4. Variante 1 ist inzwischen weit verbreitet aber nicht wirklich attraktiv und Variante 2 aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten katastrophal (es sei denn die Firma zieht in der Folge die Entwicklungszyklen massiv an). Es kann nicht die Aufgabe der Kunden sein, die Unfähigkeit vieler risikokapitalgewöhnter Startups zur soliden Kalkulation auszugleichen, indem sie der Firma monatlich Geld überweisen. Letztlich obliegt es den Verbrauchern mit den Füßen abzustimmen und Softwareanbietern der Kategorie 1 und 2 den Rücken zu kehren, um eine weitere Ausbreitung des Modells zu verhindern.

Aus diesem Grund rate ich Neukunden ab sofort auch massiv von Enpass ab.

Cruiz
Cruizhttps://curius.de
Moin, meine Name ist Gerrit und ich betreibe diesen Blog seit 2014. Der Schutz der digitalen Identität, die einen immer größeren Raum unseres Ichs einnimmt ist mir ein Herzensanliegen, das ich versuche tagtäglich im Spannungsfeld digitaler Teilhabe und Sicherheit umzusetzen. Die Tipps, Anleitungen, Kommentare und Gedanken hier entspringen den alltäglichen Erfahrungen.

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